führt Frisör KLIER, testweise an zwölf Standorten in den neuen Bundesländern, einen Mindestlohn ein. Das bedeutet eine Lohnerhöhung für die Mitarbeiter um durchschnittlich 30 Prozent. Klier ist Deutschlands größter Filialist im Friseurhandwerk und somit auch Vorbild der Branche.
„Um in den derzeit laufenden Tarifverhandlungen ein deutliches Zeichen zu setzen, testen wir, wie sich die Wirtschaftlichkeit und das Kundenverhalten ändern, wenn höhere Löhne realisiert werden und im Umkehrschluss die Preise erhöht werden müssen.“ so das Unternehmen in der Presseerklärung vom 07 März 2013.
Dafür wurden insgesamt zwölf Salons in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt ausgewählt, an denen die Mitarbeiter mit Wirkung zum 01. März mindestens 6,50 € beziehungsweise 7,50 € in der Stunde bekommen. Angesichts der dort augenblicklich gültigen Tarife entspricht dies Lohnerhöhungen von durchschnittlich 30 Prozent. Um diese Lohnerhöhungen zu finanzieren, wurden in gleichem Maße die Dienstleistungspreise angepasst. Um dem Kunden die Lohn- und die Preiserhöhung zu kommunizieren, wurde unter anderem das Siegel „faire Preise – faire Löhne“ entwickelt. Frisör Klier gewährleistet, dass die Mitarbeiter an zwölf Standorten, an denen die Löhne und die Preise erhöht werden, keine Benachteiligungen erfahren, auch wenn die Wirtschaftlichkeit der Salons durch dieses Projekt infrage gestellt wird – das wirtschaftliche Risiko liegt also allein auf Arbeitgeberseite.
Nachgefragt:
Durch Meldungen, die mich als Gründer der Initiative „Der faire Salon“ immer wieder erreichen, sah ich mich veranlasst einige Dinge zu hinterfragen. An dieser Stelle ein direktes DANKE an das Unternehmen KLIER welches hier schnell und prompt geantwortet hat.
Rene Krombholz
friseur-news
Wenn Mitarbeiter Ihrer Unternehmen den, vom Betrieb vorgegeben, Umsatz nicht erwirtschaften, erfolgt eine Kürzung von Arbeitszeit und entsprechend Lohn. Das ist rechtlich legal, kann betriebswirtschaftlich auch notwendig sein. Soweit OK. Mich irritiert die Höhe diese Umsatzvorgaben, die teils bei Lohnfaktor 4-4,5 liegen und in Anbetracht der verbrauchergünstigen Preise meines Erachtens nach schwer bis kaum zu erwirtschaften sind. Sind diese Vorgaben nicht von vornherein zu hoch?
KLIER
Die Umsatzvorgaben im Unternehmen Frisör Klier beziehen sich auf den Brutto-Umsatz inkl. Verkauf und sie sind branchenüblich. Darüber hinaus gilt: Wenn ein Mitarbeiter seine Sollvorgaben nicht erfüllt, wird analysiert, woran es liegt und der Mitarbeiter erhält ganz konkret Unterstützung. Da die Umsatzvorgabe als Faktor definiert ist und die Preise beim Unternehmen Frisör Klier standort- und lohnbezogen kalkuliert sind, ist das jeweilige Preisniveau an dieser Stelle schlichtweg irrelevant.
Anmerkung
Der Lohnfaktor besagt, wie oft der Mitarbeiter seinen Bruttolohn umsetzen muss, um für den Betrieb rentabel zu sein. Lohnfaktor 4 bei Bruttolohn 1.000,- € ergibt eine Umsatzvorgabe von 4.000,- €
Am Beispiel Tarifvertrag NRW *1) bedeutet das: Bruttolohn 1.358,- €, entsprechend Umsatzvorgabe 5.432,- € bei LF 4. Aus zahllosen Gesprächen ist mir bekannt, das ein Lohnfaktor 4 oder sogar höher, bei normalen Preisniveau (Schnitt und Frisur 35.- bis 39,- €) von den Mitarbeitern nur noch schwerlich erreicht wird. Bei deutlichen geringeren Preisen, ist das meines Erachtens nach noch schwieriger bis sogar unmöglich, insbesondere bei 12.- €uro Preisen. (Friseur der kleinen Preise, auch KLIER oder aber viele Andere)
friseur-news
Auch im Hinblick auf Vorteile, die Sie als Großfilialist z.B. beim Einkauf nutzen können, wäre hier nicht ein niedrigerer Lohnfaktor ausreichend?
KLIER
Das Unternehmen Frisör Klier mag Margeneffekte im Einkauf erzielen, die andere Unternehmer nicht bekommen. Im Vergleich zum Gesamtmarkt liegt der Anteil des Wareneinsatzes bei uns etwa zwei Prozent niedriger. Gleichwohl haben wir aufgrund unserer Top-Lagen in Centern zum Beispiel sehr hohe Mieten umzulegen. Branchenübliche Raumkostenanteile liegen (laut EVA-Betriebsvergleich) bei 8,4 Prozent. Der Raumkosten-Anteil liegt bei uns bei bis zu 25 Prozent.
Anmerkung:
Die Aussage betreffs der höheren Mieten ist nachvollziehbar, 25% dürften allerdings Spitzenwerte darstellen. Trotzdem sehe ich persönlich Vorteile zu Gunsten einer niedrigeren Kostenstruktur.
friseur-news
Ist es richtig, das Kunden-Reklamationen die ihren Betrieben anfallen, von den Mitarbeitern / Salonleitern nur nach Feierabend und außerhalb der Arbeitszeit (also ohne Vergütung für die Mitarbeiter) ausgeführt werden dürfen?
KLIER
Nein, das ist nicht korrekt und auch gar nicht durchführbar. Unsere Filialen liegen mehrheitlich in Centern, die feste Öffnungszeiten haben. Welcher Kunde käme außerhalb der Geschäftszeit dorthin? Kundenreklamationen haben während der (bezahlten) Arbeits- und Betriebszeiten ausgeführt zu werden. Zudem wollen die Kunden im Reklamationsfall die Nacharbeit unmittelbar ausgeführt haben und nicht irgendwann später.
friseur-news
Wir hören, bereits des Öfteren, dass bei längerer Krankheit Überstunden einfach gekappt werden. Ersatzlos gestrichen. Können Sie uns dazu etwas sagen?
KLIER
Seitens der Geschäftsführung von Frisör Klier gibt es keine diesbezüglichen Vorgaben, Mitarbeitern eventuell angefallene Überstunden zu streichen.
Anmerkung
Ein Vorwurf der relativ häufig genannt wird, aktuell beim „Friseur der kleinen Preise“, aber auch C&M Haircompany.
friseur-news
Ihr Unternehmen ist stolz darauf, Mitarbeiter zu fördern und weiterzubilden, was gleichzeitig einen hohen Zeitaufwand erfordert. Bekommen ihre Mitarbeiter hier einen Ausgleich?
KLIER
Bei Frisör Klier gilt: Zeit, in der Weiterbildung stattfindet ist grundsätzlich Arbeitszeit!
Anmerkung:
Hier liegen mir keine anderen Informationen vor. Wenn es aber so wäre, dann ist das vorbildlich, weil ein Großteil der Betriebe hier anders agiert.
friseur-news
Wenn man in die Bewertungsportale schaut wo Arbeitgeber bewertet werden, kommt KLIER als Unternehmen nicht sehr gut weg… gibt es dafür eine Erklärung?
KLIER
Bei Frisör Klier arbeiten derzeit mehr als 5.500 Menschen. Unsere letzte Mitarbeiterbefragung ergab als Gesamtergebnis die Note 1,96. Verbesserungspotenzial sahen die Mitarbeiter im Wesentlichen bei der Lohnsituation – wobei die Mängel der tariflichen Situation mitgeschuldet sind. Dieses Thema gehen wir derzeit ganz bewusst an. Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter liegt uns schließlich sehr am Herzen.
Und anzumerken ist zum Mechanismus der Bewertung: Es ist gemeinhin üblich in sozialen Netzwerken, dass sich mehrheitlich die Menschen, die unzufrieden sind, zu Wort melden. Dass es auch in unserem Unternehmen im Einzelfall unzufriedene Mitarbeiter gibt, ist aber angesichts der Zahl – leider – kaum zu vermeiden.
Anmerkung
Die Aussage zum Mechanismus von Bewertungen sind nachvollziehbar und auch bekannt.
Besten Dank für diese Antworten
Rene Krombholz