Ein mehrseitiger Artikel im STERN (Nr 52/2011) lässt die Branche aufschrecken. Mal wieder.
Verbotene Bezahlung unter Tarif, Überstunden ohne Ausgleich, unmenschlicher Leistungsdruck, Betrugsvorwürfe und alles was dazugehört… ein Bericht über die C&M Company, ein Billigdiscounter mit Hauptsitz in Hamburg, 70 Filialen, rund 800 Mitarbeiter bundesweit.
Die C&M Company stellt sich auf der Homepage wie folgt selber vor:
„… seit 1997 ein transparentes Preissystem - Der konkurrenzlos günstige Preis … Ergebnis einer straffen Organisation - Preissystem… mittlerweile als „10-EURO-System“ im Markt verbreitet hat, wurde von der C&M entwickelt, von anderen aufgegriffen und kopiert … als „Bauernfängerei“, ohne dass dort am Ende ein wirklich günstigerer Preis für den Kunden herauskommt.
Wir haben den Friseurmarkt nachhaltig verändert und kundenfreundlicher gemacht. C&M … hat den jahrelangen Trend der Preiserhöhungen… im Sinne der Verbraucher gestoppt. Eine Vielzahl von Friseuren in Deutschland berechnet ihren Kunden völlig überhöhte Preise, die man selbst in London, Paris und New York nicht findet ….
„Unser hervorragend ausgebildetes Personal wird nicht nur übertariflich, sondern auch im Branchenvergleich überdurchschnittlich bezahlt.“
Soweit die Selbstdarstellung – der STERN Bericht sagt es anders.
Trotzdem erfreut das nicht alle Friseure. Mich als Initiator der Initiative „Der faire Salon“ schon. Zeigt sich hier doch recht eindrucksvoll, wie es hinter den Kulissen eines Billigfriseurs wirklich zu geht. Obwohl mir auch bewusst ist, das es ähnliche Verhältnisse auch bei herkömmlichen Friseuren gibt.
Die wirtschaftliche Situation in der Friseurbranche hat sich deutlich verschlechtert und zu oft müssen Mitarbeiter das ausbaden.
• Wir erleben vor Ort (in unserem Salon) das Arbeitssuchende nicht mehr zum vereinbarten Probearbeiten erscheinen. Lange haben wir gebraucht um zu ergründen, woher diese Verweigerung kommt: da werden junge Menschen zur Probearbeit bestellt, manchmal über Tage … oder auch Wochen und einfach nicht entlohnt. (gesetzlich vorgeschrieben!) Arbeiten, Danke, Tschüss – ausgenutzt!
• Obwohl wir in NRW einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag haben, werden Mitarbeiter nicht immer ,wie tariflich vorgeschrieben, entlohnt. Aktuell liegt uns die Bewerbung einer Friseurin vor, in der wir sehen: fast 300 € unter Tarif (monatlich) und die vielen Überstunden werden auch nicht bezahlt.
• Anruf einer früheren Kollegin: „Mein Chef sagt ich soll kündigen – weil ich zur Kur muss. Ansonsten schmeißt er mich raus..!“ Im Vorfeld gab es für dieses Mädel 70 Stunden Wochen beim Gehalt für 39 Stunden und einen totalen Bourn Out. Nach Genesung soll sie wieder eingestellt werden….
Der Bericht hat viele Fragen und Statements (Facebook) ausgelöst, nicht alles gefällt mir.
Das gilt ganz besonders für Aussagen wie: „Wie blöd müssen diese Mitarbeiter denn sein?“ oder „könnten die was, müssten sie nicht dort arbeiten!“
In der Zeit von 2000 bis 2009 haben 22,6% der Mitarbeiter im Friseurhandwerk ihren Arbeitsplatz verloren, das ist fast jede fünfte Friseurin! Es waren die herkömmlichen Salons, die vielfach mäßig schlecht ausbildeten, billige Arbeitskräfte schufen und mit deren Entlassung Personal für die Discounter zur Verfügung stellten! Die Mädels ,die dort arbeiten wurden nicht von Billigfriseuren ausgebildet und es sind längst nicht alle blöd oder schlecht!
So mancher „Normale“ Friseur hat in den letzten Jahren schließen müssen, auch das ist nicht unbedingt ein Zeichen von Qualität. Nicht wenige gute und erfahrene Friseurinnen landeten durch die Agentur für Arbeit bei Discountern.
Abgesehen davon, liebe Berufskollegen/innen, auch bei Mitarbeitern von Discountern handelt es sich um MENSCHEN! Und die arbeiten sogar.. statt Hartz IV zu beziehen und schwarz zu arbeiten!
Auch die Aussage: „was solls… der Markt wird das schon richten!“ passt mir nicht, beantwortet aber gleichzeitig die vielen Fragen: „warum tut keiner was?“
„Wo sind Innungen und Verbände?“
Um eines direkt zu sagen: mir ist bekannt wie sehr sich, zumindest die meisten, Innungen und Verbände mühen und hier tätig sind. Selber tätig werden dürfen sie aber nicht, dazu sind Zoll oder die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständig.
Die wiederum – so höre ich aus der ganzen Republik – wimmeln diese Hinweise (auch mit Beweisen) unter der Begründung ab, mit Baugewerbe, Taxi und Gastronomie schon genug zu tun zu haben. Ob das rechtens ist, wage ich zu bezweifeln, schließlich handelt es sich hier um Straftaten.
Ich werde mich selber mit dem Rechtsbeirat des ZV in Verbindung setzen um das einmal zu prüfen und den Friseuren Hilfestellung zu geben.
Ein anderes Phänomen liegt bei den Friseuren selber.
Hinweise kommen oft. Will man der Sache nachgehen und Beweise sammeln… ohne geht gar nichts… wird gekniffen. Alles vergessen.
Auch in Sachen C&M Company habe ich endlos lange Betroffene gesucht – und suche noch – keine Resonanz. Es scheint allen sehr gut zu gehen… und das betrifft auch viele Friseure. So sagen sie zumindest, statt einmal mit der Faust auf den Tisch zu hauen.
In der Zeit von 2000 bis 2009 ist der Branchenumsatz um 19,5 % gesunken – die Zahl der Betriebsstätten hat um 21.8% zugenommen, das Einkommen eines Friseurunternehmers ist inzwischen fast identisch mit dem der Mitarbeiter…. aber vielen geht es ja soooo gut! Immer noch!
Falsche Scham… die uns nicht weiterbringt!
Gewerkschaften?
Bereits vor Jahren habe ich VERdi kostenlose Zusammenarbeit angeboten, um Mitarbeiter zu informieren, den ehrlich agierenden Friseuren den Rücken zu stärken… kein Interesse! Gewerkschaften sind interessiert an Mitgliedern die bereit sind,Beiträge zu zahlen. Friseure können das in der Regel nicht…
Ein Kommentar auf Facebook:
„Friseure sind wie die Lämmer die zur Schlachtbank geführt werden… und wir schauen dem Treiben zu, das unser Ende und unsere Resignation vor den Kettenbetrieben bedeutet! Warum beißen wir dem Schlachter nicht ins Bein? “
Genauso sehe ich das auch.! Manche Probleme machen wir uns selber… auch durch Schönfärberei, durch Bequemlichkeit, durch viele Ängste die auch im Raum stehen. Während der Zeit des SYOSS Protestes habe ich sehr viele Kollegen kennenlernen dürfen, die eine große Ehrlichkeit aber auch Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten. Zusammen haben wir gewonnen und gelernt.. das HENKEL Vorhaben (Ausbildung von Colorations -Expertinnen die wie bei Tupperwarepartys in die Häuser gehen) ist vom Tisch.
Von 52.750 Salons in Deutschland verzeichnen 37.500 Salons (also deutlich mehr als die Hälfte) einen Umsatz unter 100.000 €uro im Jahr. Bei (fast maximal) 20% Gewinn bedeutet das ein Bruttoeinkommen von rund 1.700,- €uro im Monat. ….
Das ist Fakt und alles andere als Gut oder erfreulich, um das (an zu)erkennen braucht es Ehrlichkeit!
Mit der Initiative „der faire Salon“ bin ich bewusst – zusammen mit Kooperationspartner TOP HAIR International einen Schritt in diese Richtung gegangen. Die Unterstützung der Innungen, der Verbände oder des ZV ist bis jetzt leider ausgeblieben, von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Jetzt gilt es lauter zu werden… Fragen stellen, Missstände anprangern, Recherchieren.. sich für Fairness und ehrbares Handwerk engagieren. Das ist mein Ziel für 2012 …. und Euch, Sie Alle, lade ich herzlich dazu ein. Mitmachen, weitersagen… noch längst nicht alle kennen den fairen Salon … denn die Branche… das sind WIR ALLE !!!
Rene Krombholz
Die C&M Company stellt sich auf der Homepage wie folgt selber vor:
„… seit 1997 ein transparentes Preissystem - Der konkurrenzlos günstige Preis … Ergebnis einer straffen Organisation - Preissystem… mittlerweile als „10-EURO-System“ im Markt verbreitet hat, wurde von der C&M entwickelt, von anderen aufgegriffen und kopiert … als „Bauernfängerei“, ohne dass dort am Ende ein wirklich günstigerer Preis für den Kunden herauskommt.
Wir haben den Friseurmarkt nachhaltig verändert und kundenfreundlicher gemacht. C&M … hat den jahrelangen Trend der Preiserhöhungen… im Sinne der Verbraucher gestoppt. Eine Vielzahl von Friseuren in Deutschland berechnet ihren Kunden völlig überhöhte Preise, die man selbst in London, Paris und New York nicht findet ….
„Unser hervorragend ausgebildetes Personal wird nicht nur übertariflich, sondern auch im Branchenvergleich überdurchschnittlich bezahlt.“
Soweit die Selbstdarstellung – der STERN Bericht sagt es anders.
Trotzdem erfreut das nicht alle Friseure. Mich als Initiator der Initiative „Der faire Salon“ schon. Zeigt sich hier doch recht eindrucksvoll, wie es hinter den Kulissen eines Billigfriseurs wirklich zu geht. Obwohl mir auch bewusst ist, das es ähnliche Verhältnisse auch bei herkömmlichen Friseuren gibt.
Die wirtschaftliche Situation in der Friseurbranche hat sich deutlich verschlechtert und zu oft müssen Mitarbeiter das ausbaden.
• Wir erleben vor Ort (in unserem Salon) das Arbeitssuchende nicht mehr zum vereinbarten Probearbeiten erscheinen. Lange haben wir gebraucht um zu ergründen, woher diese Verweigerung kommt: da werden junge Menschen zur Probearbeit bestellt, manchmal über Tage … oder auch Wochen und einfach nicht entlohnt. (gesetzlich vorgeschrieben!) Arbeiten, Danke, Tschüss – ausgenutzt!
• Obwohl wir in NRW einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag haben, werden Mitarbeiter nicht immer ,wie tariflich vorgeschrieben, entlohnt. Aktuell liegt uns die Bewerbung einer Friseurin vor, in der wir sehen: fast 300 € unter Tarif (monatlich) und die vielen Überstunden werden auch nicht bezahlt.
• Anruf einer früheren Kollegin: „Mein Chef sagt ich soll kündigen – weil ich zur Kur muss. Ansonsten schmeißt er mich raus..!“ Im Vorfeld gab es für dieses Mädel 70 Stunden Wochen beim Gehalt für 39 Stunden und einen totalen Bourn Out. Nach Genesung soll sie wieder eingestellt werden….
Der Bericht hat viele Fragen und Statements (Facebook) ausgelöst, nicht alles gefällt mir.
Das gilt ganz besonders für Aussagen wie: „Wie blöd müssen diese Mitarbeiter denn sein?“ oder „könnten die was, müssten sie nicht dort arbeiten!“
In der Zeit von 2000 bis 2009 haben 22,6% der Mitarbeiter im Friseurhandwerk ihren Arbeitsplatz verloren, das ist fast jede fünfte Friseurin! Es waren die herkömmlichen Salons, die vielfach mäßig schlecht ausbildeten, billige Arbeitskräfte schufen und mit deren Entlassung Personal für die Discounter zur Verfügung stellten! Die Mädels ,die dort arbeiten wurden nicht von Billigfriseuren ausgebildet und es sind längst nicht alle blöd oder schlecht!
So mancher „Normale“ Friseur hat in den letzten Jahren schließen müssen, auch das ist nicht unbedingt ein Zeichen von Qualität. Nicht wenige gute und erfahrene Friseurinnen landeten durch die Agentur für Arbeit bei Discountern.
Abgesehen davon, liebe Berufskollegen/innen, auch bei Mitarbeitern von Discountern handelt es sich um MENSCHEN! Und die arbeiten sogar.. statt Hartz IV zu beziehen und schwarz zu arbeiten!
Auch die Aussage: „was solls… der Markt wird das schon richten!“ passt mir nicht, beantwortet aber gleichzeitig die vielen Fragen: „warum tut keiner was?“
„Wo sind Innungen und Verbände?“
Um eines direkt zu sagen: mir ist bekannt wie sehr sich, zumindest die meisten, Innungen und Verbände mühen und hier tätig sind. Selber tätig werden dürfen sie aber nicht, dazu sind Zoll oder die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständig.
Die wiederum – so höre ich aus der ganzen Republik – wimmeln diese Hinweise (auch mit Beweisen) unter der Begründung ab, mit Baugewerbe, Taxi und Gastronomie schon genug zu tun zu haben. Ob das rechtens ist, wage ich zu bezweifeln, schließlich handelt es sich hier um Straftaten.
Ich werde mich selber mit dem Rechtsbeirat des ZV in Verbindung setzen um das einmal zu prüfen und den Friseuren Hilfestellung zu geben.
Ein anderes Phänomen liegt bei den Friseuren selber.
Hinweise kommen oft. Will man der Sache nachgehen und Beweise sammeln… ohne geht gar nichts… wird gekniffen. Alles vergessen.
Auch in Sachen C&M Company habe ich endlos lange Betroffene gesucht – und suche noch – keine Resonanz. Es scheint allen sehr gut zu gehen… und das betrifft auch viele Friseure. So sagen sie zumindest, statt einmal mit der Faust auf den Tisch zu hauen.
In der Zeit von 2000 bis 2009 ist der Branchenumsatz um 19,5 % gesunken – die Zahl der Betriebsstätten hat um 21.8% zugenommen, das Einkommen eines Friseurunternehmers ist inzwischen fast identisch mit dem der Mitarbeiter…. aber vielen geht es ja soooo gut! Immer noch!
Falsche Scham… die uns nicht weiterbringt!
Gewerkschaften?
Bereits vor Jahren habe ich VERdi kostenlose Zusammenarbeit angeboten, um Mitarbeiter zu informieren, den ehrlich agierenden Friseuren den Rücken zu stärken… kein Interesse! Gewerkschaften sind interessiert an Mitgliedern die bereit sind,Beiträge zu zahlen. Friseure können das in der Regel nicht…
Ein Kommentar auf Facebook:
„Friseure sind wie die Lämmer die zur Schlachtbank geführt werden… und wir schauen dem Treiben zu, das unser Ende und unsere Resignation vor den Kettenbetrieben bedeutet! Warum beißen wir dem Schlachter nicht ins Bein? “
Genauso sehe ich das auch.! Manche Probleme machen wir uns selber… auch durch Schönfärberei, durch Bequemlichkeit, durch viele Ängste die auch im Raum stehen. Während der Zeit des SYOSS Protestes habe ich sehr viele Kollegen kennenlernen dürfen, die eine große Ehrlichkeit aber auch Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten. Zusammen haben wir gewonnen und gelernt.. das HENKEL Vorhaben (Ausbildung von Colorations -Expertinnen die wie bei Tupperwarepartys in die Häuser gehen) ist vom Tisch.
Von 52.750 Salons in Deutschland verzeichnen 37.500 Salons (also deutlich mehr als die Hälfte) einen Umsatz unter 100.000 €uro im Jahr. Bei (fast maximal) 20% Gewinn bedeutet das ein Bruttoeinkommen von rund 1.700,- €uro im Monat. ….
Das ist Fakt und alles andere als Gut oder erfreulich, um das (an zu)erkennen braucht es Ehrlichkeit!
Mit der Initiative „der faire Salon“ bin ich bewusst – zusammen mit Kooperationspartner TOP HAIR International einen Schritt in diese Richtung gegangen. Die Unterstützung der Innungen, der Verbände oder des ZV ist bis jetzt leider ausgeblieben, von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Jetzt gilt es lauter zu werden… Fragen stellen, Missstände anprangern, Recherchieren.. sich für Fairness und ehrbares Handwerk engagieren. Das ist mein Ziel für 2012 …. und Euch, Sie Alle, lade ich herzlich dazu ein. Mitmachen, weitersagen… noch längst nicht alle kennen den fairen Salon … denn die Branche… das sind WIR ALLE !!!
Rene Krombholz