Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 09.04.2024

Mindestpreis 50,- Euro

Forderung nach deutlich höheren Dienstleistungspreisen


Am letzten Mai-Wochenende treffen sich Deutschlands beste Friseure in München. Sie debattieren unter anderem auch über das Thema Mindestlohn in der Friseurbranche. Für sie führt die Diskussion dabei am eigentlichen Thema vorbei: der Preisentwicklung in der Friseurbranche. Im Interview fordert Intercoiffure-Geschäftsführer Herbert J. Kötter deutlich höhere Dienstleistungspreise.

Herr Kötter, Sie sind der Managing Director von Deutschlands wohl elitärster Friseurvereinigung, der Intercoiffure Deutschland. Wie viele Mitglieder hat dieser Verein und was macht ihn so besonders?

Herbert J. Kötter:In Deutschland hat die Intercoiffure rund 300 Mitglieder. Mitglied bei der
Intercoiffure werden Sie nicht, indem Sie der Vereinigung beitreten. Sie werden berufen und brauchen Bürgen. Diese Eintrittsschwelle sorgt dafür, dass nur Deutschlands besten Friseure, die sich durch ihre fachlichen, unternehmerischen und auch menschlichen Qualitäten als Führungspersönlichkeiten innerhalb der Branche auszeichnen, hier Mitglied sind.

Frage: Dann kann man davon ausgehen, dass das Thema Mindestlohn in der Friseurbranche bei
Ihren Mitgliedern kein Thema ist...

Herbert J. Kötter: ... das bundesweite Mindestentgelt in der Friseurbranche war auch innerhalb der Intercoiffure Deutschland ein heiß diskutiertes Thema. Für unsere Mitglieder ist die ganze Debatte sehr schädigend gewesen. Es kommt immer vor, dass Sie sich in Einzelfällen gegenüber Kunden in Rechtfertigungsdiskussionen begeben müssen – über die Löhne der Friseurbranche. Dabei zahlen unsere Mitglieder ihren Mitarbeitern selbstverständlich in vielenFällen übertarifliche Löhne, die weit über dem liegen, was vielerorts branchenüblich ist. Wer Spitzenleistung erwartet, darf seine Mitarbeiter nicht mit Tarif abspeisen.

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die ganze Debatte hat die Branche überdies in ein
schlechtes Licht als vermeintliche Niedriglohnbranche gerückt. Das schadet natürlich dem Ansehen dieser kreativen und fachlich hoch entwickelten Branche. Bei dem Großteil unserer
Mitgliedsunternehmen handelt es sich um traditionsreiche, mitarbeiterstarke und wirtschaftlich
erfolgreiche Mittelstandsunternehmen des Handwerks– die erfüllen in keinem Punkt irgendwelche Negativklischees.

Frage: Können Sie das an einem Beispiel konkretisieren?

Herbert J. Kötter: Ich möchte jetzt keines unserer Mitglieder hervorheben. Es reicht, in das
Mitgliedsverzeichnis der Intercoiffure zu schauen. Sie werden für jede größere Stadt, für jede Region einige Friseurunternehmen verzeichnet finden, die in der Regel über zwei bis fünf Salons verfügen, zwischen 20 und 50 Mitarbeiter beschäftigen und vor Ort einen hervorragenden Ruf besitzen.
Fachkräftemangel ist für diese Betriebe oftmals kein Thema, weil sie hervorragend aus- und
weiterbilden, überdurchschnittlich gut zahlen und die Mitarbeiter einfach gerne dort arbeiten.

Frage: Jetzt sagen Sie, dass die Diskussion um die Löhne am eigentlichen Problem vorbeiführe.
Warum?

Herbert J. Kötter:Ganz einfach. Alle Welt hat nur über den Lohn gesprochen. Aber die wenigsten über den Preis. Hier wurden – gerade in der Presse – immer wieder die berühmten Auswüchse am unteren Ende der Preisskala aufgeführt: die berühmten 10 Euro-Friseure, die es übrigens kaum noch gibt. Die überwiegende Mehrheit der Friseure verlangt doch ganz andere Preise für einen Haarschnitt. In den meisten unserer Mitgliedsbetriebe kosten Waschen/Schneiden/Föhnen mehr als 50 Euro. Das ist eine Preismarke, die wir als gerechtfertigt und erstrebenswert erachten.

Frage: Sie fordern also den Schnittpreis von 50 Euro?

Herbert J. Kötter:Nein, nicht den Schnittpreis von mindestens 50 Euro. Den gibt es längst und auch darüber. Aber wir reden über die Dienstleistungen Waschen/Schneiden/Föhnen: Das sind drei Dienstleistungen und das häufigste Dienstleistungspaketbeim Friseur überhaupt. Da steckt fachliche Kompetenz, viel berufliche Erfahrung und ständiger Weiterbildungsbedarf dahinter ...

Frage: ... aber oftmals werden hier die Haare doch einfach nur mit der Maschine geschnitten.

Herbert J. Kötter: Stopp! Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Wir reden von einer qualifizierten Beratung des Kunden, einer auf seinen Bedarf mit Pflegeprodukten abgestimmten Haarwäsche, einem fachlich ausgereiften, modischen Messerhaarschnitt und anschließend einem Styling, bei dem der Friseur mit Föhn und Bürste eine Frisur erstellt. Das hat nichts mit Maschinenhaarschnitt und Trockenpusten zu tun. Das eine ist wie selbst tapezieren und das andere heißt, einen Malerbetrieb zu beauftragen, eine fachlich saubere Handwerksarbeit abzuliefern und dabei übrigens auch im Sinne des Kunden zu beraten. Seltsamerweise ist der Kunde in allen anderen Handwerksbereichen längst gewohnt, entsprechende Preise zu akzeptieren. Und dann reden wir hierbei oft über vergleichbare Leistungen.

Wenn ich einen Installateur beauftrage, ein Waschbecken zu installieren, sollte die Leistung bei allen in etwa gleich lang dauern und dasgleiche Ergebnis zeitigen. Aber wenn ich einen
Friseur bitte, mir eine neue Haarfarbe zu machen,kann das Ergebnis schon sehr unterschiedlich sein.
Da kommt es auf die Produkte, aber vor allem auf die fachliche Qualifikation und letztlich auf die
gewollte modische Aussage an. Da ist Kreativität gefragt! Aber viele Kunden wollen nur für die
handwerkliche Arbeit zahlen und das ist einfach zu kurz gedacht. Wenn ich einen Friseur beauftrage, mir eine neue Frisur zu erstellen, bin ich stark von seiner Menschenkenntnis, seinem Einfühlungsvermögen, seiner fachlichen und kreativen Fertigkeit abhängig – das ist doch weitaus mehr als nur eine handwerkliche Leistung, die vergleichbar wäre. Eine neue Frisur, die eine Frau schöner macht, ist doch mehr als ein Haarschnitt! Und das ist selbstverständlich mehr wert als 50 Euro.


Frage: Nun ist die Qualität oder die modische Aussage eines Haarschnitts doch oft auch durch
ein subjektives Empfinden des Kunden geprägt und schwer messbar!

Herbert J. Kötter: Es gibt durchaus messbare Kriterien. Das beginnt zum Beispiel in unseren
Mitgliedssalons bei der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiter, die durch zahlreicheWeiterbildungen und ständige Schulungen gewährleistet ist, und das endet bei Qualitätschecks, die wir bei unseren Mitgliedern von einem unabhängigen Institut durchführen lassen. Die Qualität des Friseurbesuchs wird natürlich auch vom Ambiente des Salons, der Servicefreundlichkeit der Mitarbeiter und den angebotenen Zusatzdienstleistungen maßgeblich mitbestimmt. Auch hier sind Intercoiffure-Friseure vorbildlich. All das hat seinen Preis und seine Berechtigung.

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