Das Möbelhaus IKEA wird in diesen Tagen 40 Jahre alt. Es zählt weltweit zu den bekanntesten seiner Art. Sicher waren Sie dort auch schon einmal zum stöbern oder einkaufen.
Zu der Zeit, als IKEA neu im deutschen Markt war, arbeitete ich noch als Jungfriseur. Noch gut entsinne ich mich über die spöttischen Bemerkungen meines Chefs und auch seiner Berufskollegen: „Wer wird sich schon Apfelsinenkisten in die Wohnung stellen?“ - „Fünf Jahre geben wir denen!“ und so weiter und so fort.
Auch Heinrich Nixdorf war Kunde in unserem Salon. Nixdorf gründete eines der ersten Unternehmen der Computertechnologie welches später zu den weltweit Größten gehören sollte. Nixdorf war Visionär: „Einmal werden wir damit die Welt erobern! Irgendwann wird so ein Computer in jedem Haus stehen!“ schwärmte er während des Haarschnittes. „Ganz schön senil der Alte, der landet irgendwann in der Klapse!“ so die Meinung meines Chefs.
Warum ich das erzähle? Weil es zeigt, wie Friseure sehr oft denken, oder ticken wie man so schön sagt. Friseure beschränken sich meist auf das, was sie gerade können, wiegen sich in trügerischer Sicherheit und verwehren sich oft genug dem Fortschritt, schauen viel zu wenig über den Tellerrand.
Wenn ich auf 40 Jahre Berufserfahrung zurückdenke tauchen viele Fragen auf! Wie war das denn mit „was Friseure können, können nur Friseure!“ Mit Kampagnen des Zentralverbandes, mit gemeinsamen Aktionen unserer Zulieferer!? Ein Mitmachen wurde zu oft als ebenso beschwerlich wie unnötig angesehen, selbst wenn es um Aktionen wie z.B. 7% MwSt ging.
Die Discounter kamen, die Sicherheit und der Wohlfühlkäfig blieben, das wiederum hat mit dem Denken wie bei IKEA zu tun. Sie wurden von der Vielzahl der Friseure einfach nur schlecht geredet, ohne zu hinterfragen! Dabei ist mir bewusst, dass es Discountketten gibt , die deutlich mehr in Richtung Weiterbildung und Qualität investieren als es der Durchschnitt der Branche tut.
Viele Friseure erkennen bis heute nicht, das es sich bei Discountfriseuren (und damit sind NICHT die 13,- € Friseure gemeint) um ein ganz anderes Geschäftskonzept handelt:
Discounter sind in der Regel FAST Friseure ( Fast = schnell )
• Leistung auf den Grundnutzen reduziert – Haare kürzen, fertig!
• Keine feste Zielgruppe = Ziel ist einzig der Umsatz
• Ergebnisorientiert – schneller Umsatz, Kosten sparen, kein Service
• Selten spezielle Dienstleistungen wie Welle, hochstecken usw.
• Kein Treueverhalten von Kunden erwartet – wer kommt der kommt.
• Kunden müssen je nach Preissegment gewisse Mängel tolerieren
Erreicht wird das auch durch Optimierung der Auslastung und Arbeitsabläufe
Der Umsatz ergibt sich aus dem Faktor Menge mal Preis!
Statt zu argumentieren das alles im Discountbereich nur schlecht sei, hätte man glaubhafter Kunden überzeugen können: abgespeckte Dienstleistung, nur Cut &Go (Ihre erbrachte Zeit für eine Fönfrisur kostet Geld!) kein Service….
Inzwischen haben so gut wie alle Friseursalons zu wenig Kunden. Die Zahlen, und somit das Einkommen, stimmen längst nicht mehr. Statt über den Tellerrand zu schauen um Änderungen herbeizuführen greift man lieber in die Kassenschublade und konzentriert sich auf steuersparende Maßnahmen.
Die Zahlen der Umsatzsteuerstatistik sprechen eine deutliche Sprache und geben Aufschluss über die Einkünfte der Unternehmer die durchweg unter 2.000,- € brutto liegen müssen. Hinzu kommen 25.000 Kleinstunternehmer die weniger als 17.500 € im Jahr umsetzen (das sind pro Tag weniger als 50 €).
Mit solchen Betriebsergebnissen und Einkünften ist qualifizierte Weiterbildung mit dem Ziel einer besseren Qualität nicht möglich.
Hohe Qualität, betriebswirtschaftliche Führung, Weiterbildung, Beratung, Personalführung, Service das sind Punkte an denen Friseure arbeiten können und müssen, um die nächsten Jahre zu überleben.
Egal ob das Angebot der Innung, des Kongresses oder das Konzept www.der-faire-salon.de - Hilfe wird vielfach angeboten aber immer noch zu oft als unnötig betrachtet. Es geht ja auch so…!
Nur eines ist auch sicher: schon längst haben die Fahndungsbehörden die Friseurbranche im Visier! Fast täglich erfahre ich von Buchführungen die verworfen wurden, von Umsatzschätzungen und Nachzahlungen in schwindelnden Höhen.
Der Gedanke „es ist noch immer gutgegangen“ bringt Sie aber genau an diesen Punkt!