Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

BAG zur geschlechtsbezogenen Entgeltungleichheit


eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. 

Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 16. Februar 2023 (Az.: 8 AZR 450/21). I. 
Sachverhalt Die Klägerin ist seit dem 1. März 2017 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Das ihr einzelvertraglich angebotene und von ihr in der Folge akzeptierte Grundentgelt betrug anfangs 3.500 Euro brutto zuzüglich einer zusätzlichen erfolgsabhängigen Vergütung ab dem 1. November 2017. 

Einem zum 1. Januar 2017 ebenfalls als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb eingestellten männlichen Kollegen bot die Beklagte auch ein Grundentgelt in Höhe von 3.500 Euro brutto an, was dieser jedoch ablehnte. Er verlangte für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung, d.h. für die Zeit bis zum 31. Oktober 2018, ein höheres Grundentgelt in Höhe von 4.500 Euro brutto. 

Die Beklagte gab dieser Forderung nach und erhöhte das Grundentgelt des Arbeitnehmers, das in der Zeit von November 2017 bis Juni 2018 – wie auch bei der Klägerin – 3.500 Euro betrug, ab dem 1. Juli 2018 auf 4.000 Euro brutto. Sie berief sich dabei u.a. Seite 2 von 3 darauf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei. Zum 1. August 2018 trat bei der Beklagten ein Haustarifvertrag in Kraft. Dieser sah eine Überführung der Entgelte der Beschäftigten in Entgeltgruppen vor sowie eine gedeckelte Anpassung der Gehälter. Aufgrund der tarifvertraglichen Deckelungsnormen wurde das Grundentgelt der Klägerin auf 3.620 Euro brutto, das des männlichen Kollegen jedoch auf 4.120 Euro brutto angehoben.

Mit ihrer Klage forderte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der rückständigen Vergütungsunterschiede. 
Sie machte geltend, die Beklagte müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem fast zeitgleich eingestellten männlichen Kollegen. Dies folge daraus, dass sie die gleiche Arbeit mit denselben Verantwortlichkeiten wie ihr männlicher Kollege verrichte. Dies stelle eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts dar, so dass die Beklagte ihr zudem eine angemessene Entschädigung in Höhe von 6.000 Euro schulde. 

Die Beklagte wandte sich dagegen und führte an, die Vergütung des Kollegen beruhe auf den mit ihm geführten Vertragsverhandlungen im Rahmen der Vertragsfreiheit. Auch der Tarifvertrag sei geschlechtsneutral ausgestaltet. Die Vorinstanzen wiesen die Klage der Außendienstmitarbeiterin ab. Mit der Revision vor dem BAG verfolgt sie ihr Begehren weiter. II. Entscheidungsgründe Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG ganz überwiegend Erfolg. 

Nach den Feststellungen der Bundesarbeitsrichter steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 Entgelttransparenzgesetz auf das gleiche Grundentgelt zu, wie es ihr männlicher Kollege erhält. In der Zeit von März bis Oktober 2017 sowie im Juli 2018 sei die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden, weil die Beklagte ihr, obwohl sie und der männliche Kollege gleiche Arbeiten verrichteten, ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt habe als dem männlichen Kollegen. Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein geringeres Grundentgelt erhalten habe als ihr männlicher Kollege, lasse nach § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vermuten, dass die Benachteiligung allein aufgrund des Geschlechts erfolgte. 

Diese gesetzliche Vermutung habe die Beklagte nicht widerlegen können. Vor allem habe sich die Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen können, dass das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen im Zeitraum März bis Oktober 2017 nicht auf dem Geschlecht der Klägerin beruhe, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Auch hinsichtlich der Erhöhung des Grundentgelts des männlichen Kollegen für den Monat Juli 2018 sei es der Beklagten nicht gelungen, die Vermutung der Entgeltbenachteiligung aufgrund des Geschlechts mit der Begründung zu widerlegen, der Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt

Mit dem aktuellen Urteil hat das BAG die Verhandlungsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien über die Entlohnung unter Diskriminierungsgesichtspunkten konturiert. So kann die im Vergleich zu einem männlichen Arbeitnehmer geringere Entlohnung einer Kollegin bei gleicher Qualifikation, Erfahrung und auszuübender Tätigkeit nicht damit gerechtfertigt werden, dass der männliche Kollege bei den Gehaltsverhandlungen mehr Geschick bewiesen habe und deswegen eine höhere Vergütung verdiene als die Kollegin. Zwar gibt es keinen explizit normierten Anspruch auf „gleichen Lohn für gleiche Arbeit.“ Insoweit können die Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen zwar weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich frei vereinbaren. In Bezug auf die Entgelthöhe sind jedoch in jedem Fall die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des Entgelttransparenzgesetzes zu beachten

Quelle: Unternehmerverband Deutsches Handwerk 
Abteilung Arbeitsmarkt, Tarifpolitik und Arbeitsrecht

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