Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

Gute Allgemeinbildung

Es wird schwieriger, Nachwuchskräfte für das Friseurhandwerk zu finden.


Es wird schwieriger, Nachwuchskräfte für das Friseurhandwerk zu finden. Zum einen auf Grund der demographischen Entwicklung mit zurückgehenden Schülerzahlen, zum anderen aber auch wegen der leider oft unbefriedigenden Allgemeinbildung der Bewerber. Beratung von Kunden ist aber das A und O im Friseursalon, insbesondere bei Colorationen.

Die Deutsche Welle hat den aktuellen Berufsbildungsbericht 2010 zum Anlass genommen, auf die besonderen Ansprüche an zukünftige Friseurinnen und Friseure hinzuweisen. Sprachliches Vermögen, Vielseitigkeit und eine gute Allgemeinbildung sind die Schlüsselqualifikationen. Dann wird der Beruf tatsächlich zum Traumberuf.


Vom Lehrstellen- zum Lehrlingsmangel

In Berlin wurde der Berufsbildungsbericht 2010 vorgestellt. Immer mehr Jugendliche haben demnach keinen Schulabschluss und: die Zahl der Lehrstellenbewerber sinkt aufgrund des demographischen Wandels.

Ein großer Teil der Schulabgänger ist aufgrund schlechter Noten nicht ausbildungsfähig und jeder fünfte Auszubildende bricht seine Lehre ab. Gleichzeitig sinkt aus demographischen Gründen die Zahl der Jugendlichen, die überhaupt für eine Ausbildung in Frage kommen. Waren in der Vergangenheit die Lehrstellen knapp, werden es jetzt zunehmend die Lehrlinge.

Haare färben, stufiger schneiden, Haare verlängern oder zarte helle Strähnen für einen frühlingshaften Look, das alles sind Wünsche, die sich die Kunden in einem Friseursalon erfüllen lassen. So sieht jedenfalls der Alltag im Berliner Salon 'Stila-Friseure' aus. Nachdem Inhaberin Katharina Domhardt ihre Kundin beraten hat, stellt sie die Chemikalien für die Haarfarbe zusammen. Dabei gibt es einiges zu beachten. Welche Haarfarbe hat die Kundin derzeit, sind die Haare bereits gefärbt, wie alt ist die Farbe, wie ist die Haarstruktur. Friseur zu sein, sagt Domhardt, das sei viel mehr als nur vor dem Spiegel stehen und Locken wickeln: 'Dass man den ganzen Tag steht und rennt und spricht und konzentriert ist und immer drei Sachen gleichzeitig macht, um die Kunden glücklich zu machen, das sehen die meisten nicht.'


Auch sprachlich muss es stimmen:

Die Kunden sollen sich wohlfühlen. Ein Friseur muss daher auf die Menschen eingehen, er muss kontaktfreudig sein, gute Umgangsformen haben und, so betont Domhardt, sprachlich fit sein. Eine Kundin, die sich schon von der Sprache her nicht verstanden fühle, die habe von vornherein auch ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache. Daher sei es auch ganz wichtig, dass man gut Deutsch könne, so Katherina Domhardt. 'Auch Chemie und Mathematik spielen eine große Rolle, das kann sich kaum jemand vorstellen. Wir brauchen viele verschiedene Mischungsverhältnisse, denn wir müssen viele Farben zusammenrechnen, um dann das Ergebnis zu erzielen, das sich die Kundin wünscht'.

Wer sich bei 'stila-Friseure' um einen Ausbildungsplatz bewirbt, an den stellt Katharina Domhardt entsprechende Ansprüche. Eine Forderung, die es für die 28-jährige Friseurmeisterin immer schwerer macht, ihre ein bis zwei Lehrstellen pro Jahr zu besetzen: 'Wir sind extrem auf der Suche und es gibt ständig ganz, ganz schlechte Bewerbungen'. Sie sei froh, sagt sie, wenn bei zwanzig Bewerbungen eine dabei sei, die einen guten Eindruck mache, vielleicht sogar ein Abitur vorweisen können. Denn dann wisse man, dass die Bewerberin eine gute Allgemeinbildung habe.


Fachkräftenachwuchs fehlt:

Eine Erfahrung, die auch andere Betriebe machen. Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt, weil es zu wenige passende Bewerber gibt. Für die Betriebe heißt das, sie laufen Gefahr, ihren Fachkräftenachwuchs zu verlieren. Holger Schwannecke, der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks findet das alarmierend: 'Wir hatten 2009 im Ausbildungsbereich 9.000 bis 10.000 offene Ausbildungsstellen, also Stellen, die wir nicht besetzen konnten. Das hat demographische Gründe, das hat Gründe mangelnder Mobilität von Einzelnen, das liegt an der fehlenden Ausbildungsfähigkeit'.

Selbst Unternehmen, die bislang keine Schwierigkeiten hatten, aus der Fülle der Bewerbungen die richtigen Kandidaten auszuwählen, suchen nach neuen Strategien, um den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Ein Beispiel ist Solon, einer der größten Solarmodulproduzenten in Europa. Die deutsche Tochtergesellschaft mit Sitz in Berlin-Adlershof bildet seit 2005 Industriekaufleute, Industriemechaniker und Mechatroniker aus. Für die Auswahl der Bewerber ist Constanze Westermann zuständig. Sie sagt, dass der Kampf um die Besten bereits begonnen habe. 'Für uns heißt das, dass wir in Zukunft viel frühzeitiger mit dem Auswahlverfahren anfangen müssen, vielleicht auch in zwei Durchläufen Bewerber einladen'. Zusätzlich hätten die Bewerber auch die Möglichkeit, ein Praktikum zu machen. Auf diese Weise könnten sie entscheiden, ob der Job auch der richtige sei. Und für den Arbeitgeber gebe es so die Möglichkeit herauszufinden, ob der Bewerber auch in das Unternehmen passe.


Weibliche Berufsanfänger gesucht:

Bislang umwarben die Lehrstellenbewerber die Unternehmen, bei den technischen Ausbildungsberufen ist es bereits umgekehrt. Da sich traditionell immer noch mehr Jungen als Mädchen für technische Berufe interessieren, versucht Solon gezielt, mehr weibliche Ausbildungsbewerber auf sich aufmerksam zu machen. Und zwar schon frühzeitig. Das Unternehmen kooperiert dabei mit einer Agentur, wie Anne Krauskopf, ebenfalls Personalmanagerin bei Solon, erklärt. Die Agentur gehe direkt an die Schulen und spreche mit den jungen Frauen, um sie zu einem Schnuppertag einzuladen. Auf diese Weise finde man heraus, welches Potenzial, was technisch-handwerkliche Dinge betreffe, überhaupt in den Mädchen stecke.
Doch mit mehr weiblichen Auszubildenden allein wird sich der Lehrlingsmangel nicht bewältigen lassen. Das wird auch in der Ausbildungsumfrage 2010 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages deutlich. 15.000 Unternehmen wurden befragt, die Mehrzahl befürchtet, dass sich die Lage mit der wirtschaftlichen Erholung noch verschärfen wird. Für Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK, hat das eine ganz einfache Konsequenz: 'Je weniger Jugendliche da sind, desto weniger können sich die Firmen auf diejenigen konzentrieren oder beschränken, die in jedem Fall den Anforderungen gerecht werden. Das heißt, die Firmen werden jetzt praktisch gezwungen, sich mit Jugendlichen zu beschäftigen, die ehedem vielleicht eher die Schule weitergemacht haben oder in die sogenannten Warteschlangen gegangen sind, um sich dort fit zu machen, also das ist schon ein Thema.'


Unternehmen handeln in Eigenregie:

Die Warteschlange, damit ist die sogenannte Einstiegsqualifizierung gemeint. Seit 2004 werden Jugendliche, die keine Lehrstelle bekommen haben, von der Agentur für Arbeit finanziert, um sich auf eine Ausbildung vorzubereiten. Das kann über ein längeres Praktikum in einem Unternehmen geschehen, oder in eigens dafür eingerichteten Ausbildungswerkstätten. Doch bedingt durch den Lehrlingsmangel nehmen es zunehmend mehr Unternehmen auf sich, die Jugendlichen in Eigenregie, also parallel zur Ausbildung auf das nötige Niveau zu bringen. Dabei geht es nicht nur um Deutsch, Mathematik und Allgemeinwissen, sondern auch um gutes Benehmen. Das ist immer häufiger mangelhaft und damit ein Problem, wenn der Auszubildende Kontakt zum Kunden hat.

Doch nicht nur fehlende Umgangsformen sind eine Realität, sondern auch die hohe Zahl der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die nur schwer eine Lehrstelle bekommen. Auch hier versucht die Handwerkskammer Abhilfe zu schaffen. Denn derzeit bekommt nur jeder dritte ausländische Jugendliche eines Ausbildungsjahrgangs eine Lehrstelle. Bei den Deutschen sind es fast 70 Prozent.



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