An Innungen und Verbände
Innungen und Zünfte gab es bereits im späten Mittelalter. Zur damaligen Zeit waren dies Gemeinschaften, in welchen nur unbescholtene Kaufleute und Handwerker aufgenommen wurden. Gemeinsames Ziel war es, eine Solidargemeinschaft zu schaffen welche für die Mitglieder im Notfall zur Verfügung stand. Aber auch die Sicherung von Qualität, Preisen und Ausbildung so wie auch Imagearbeit waren das Bestreben der Gemeinschaft. Zünfte besaßen zu dieser Zeit ein großes Machtpotenzial, saßen oft gleichzeitig in Stadtparlamenten und vertraten die Interessen ihrer Mitglieder in Politik und Wirtschaftsverbänden.
Heute verzeichnen wir, wenn es um Verbände geht, einen oft recht großen Unmut.
Dazu ist anzumerken: es gibt Verbände die vorzügliche Arbeit leisten. Anderen fehlen durch den Austritt vieler Mitglieder die Mittel um vorgenannte Ziele effektiv umsetzen zu können.
Es ist (leider) ein Zeichen der Zeit, dass es überall immer mehr Menschen gibt, die ihrem Unmut über gewisse Dinge Luft verschaffen. Insbesondere sind es meist die „Versäumnisse der Anderen“ die in den Blickpunkt der Kritik geraten. Selber ist man aber nicht im Geringsten dazu bereit, sich einzusetzen und konstruktive Veränderung herbeizuführen.
Letztlich betrifft dies auch diesen Blog. Die einzelnen Beiträge wurden inzwischen fast 220.000-mal gelesen. Sehr viel positives Feedback, die gewünschte Diskussion um Veränderungen herbeizuführen bleibt allerdings aus.
Es gibt Innungen und Landesinnungsverbände die hervorragende Arbeit leisten, leider ist dieses nicht die Regel. Im Bewusstsein dessen, dass ich selber wenig Kenntnis über rechtliche Möglichkeiten einer Innung habe hinterfrage ich trotzdem:
· Wenn es früher möglich war, erkennbar schwarzen Schafen das Handwerk zu verbieten, warum heute nicht mehr?
· Ist es nicht Aufgabe einer Innung nach vorn zu gehen und den Endverbrauchern zu erklären das 70 % Rabatt bei einer handwerklichen Dienstleistung nicht möglich sind, um damit den ehrlichen Friseuren den Rücken zu stärken?
· In meiner Heimatstadt liegt die Zahl arbeitssuchend gemeldeten Friseure/innen seit Jahren konstant bei 220-250 - andererseits suchen Salons händeringend Mitarbeiter. Ist das kein Aufgabenpotenzial für eine Innung?
· Allseits bekannt ist die hohe Zahl privat tätiger Ex Mitarbeiter. Auch wenn eine Innung keine Ermittlungsbehörde ist, besteht kein Grund ob dieser Tatsache, die Hände in den Schoß zu legen. Das machen einzelne Verbände und Innungen vor.
· Immer wieder gibt es Unmut zahlreicher (und auch guter und bekannter Friseure) die mit den Prüfungsbedienungen absolut nicht zufrieden sind. Dass, was geprüft wird, unterliegt nicht immer den tatsächlichen Anforderungen des Salonalltags.
· Es fehlen Konzepte um das Friseurhandwerk auch für junge Menschen als Ausbildungsberuf ins rechte Licht zu rücken. Da braucht es Imagearbeit und Aktivitäten.
· Selbst die Berufsberatung lebt mit Bildern des Friseurhandwerks aus dem vorherigen Jahrhundert. Das Berufsbild hat sich gravierend gewandelt, besteht hier kein Handlungsbedarf?
Im Grunde mangelt es an allen Ecken und Kanten, es gibt viel zu tun und noch mehr zu verändern.
Ich bin mir dessen bewusst, dass eine (ehrenamtliche) Innungsarbeit damit schon fast überfordert ist. Dazu bedarf es der Unterstützung der Mitglieder, zu der ich an dieser Stelle auch aufrufen möchte.
An die Verantwortlichen, die in diesem Bereich der Innungen und Verbände tätig sind, einen großen Dank. Egal wie die einzelnen Ergebnisse aussehen, es ist und bleibt erstmal viel Arbeit, Einsatz und Verzicht auf Freizeit. Vieles ist letztlich auch nicht umsetzbar, weil die Unterstützung der Basis (auch in Form von Mitgliedsbeiträgen) fehlt.
Veränderungen von „Oben herab“ wünschen sich viele der Marktteilnehmer. Das ist Illusion und wird nicht funktionieren. Wir wollen Image, das bleibt unglaubwürdig mit Löhnen am Existenzminimum und Preisen die fern von jeglichem Wert für gute Qualität sind.
Ehrlichkeit im Markt wird nicht funktionieren, wenn diese von einem erheblichen Anteil der Beteiligten unterlaufen wird. Interesse für den schönsten Beruf der Welt? Welche Perspektive bieten unsere Salons den jungen Menschen?
Veränderungen werden nur dort erfolgreich umgesetzt werden können, wenn sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und die eigenen (örtlich oft unterschiedlichen) Anforderungen ergründen und das eigene Verhalten überdenken. Und dann gilt es die – welche nicht mit am Tisch saßen – auch noch zu begeistern und mitzuziehen.
Wahrlich keine leichte Aufgabe.
Selber muss ich mein eigenes Verhalten hinterfragen. Auch wenn ich seit Jahren versuche, einiges für die Branche zu bewegen, meine Heimat-Innung hat davon nicht profitiert. Die von mir angedachte Zusammenarbeit mit Verbänden ist nicht so ohne weiteres möglich, das ist für Körperschaften des öffentlichen Rechts rechtlich bedenklich, habe ich gelernt. Es geht für die Zukunft darum neue Wege zu entdecken und zu probieren.
Zum Schluss eine Frage an den größten (privaten) Berufsverband in unserem Land:
ein telefonisches Streitgespräch zwischen einem, auch in der Werbung agierenden Berufskollegen und meiner Person, machte die unterschiedliche Auffassung über meine Arbeit aber auch Schreibweise deutlich. Nun, das darf – es muss nicht jedem gefallen was ich von mir gebe.
Bedenklich waren aber Sätze wie: „in unserem Verband sieht man Ihre dubiosen Machenschaften schon längst als bedenklich..“ oder „wir werden Ihre ganzen korrupten und betrügerischen Tätigkeiten aufdecken. Uns steht die ganze Fachpresse und unser TV Aufnahmeteam zur Verfügung…“ Das ließ sogar die Mithörer im Raum blass werden und wir diskutierten noch Stunden nach dem Anruf.
Fakt ist: solche „Machenschaften“ gibt es nicht. Aber ich frage mich, warum kann sich in solch einem großen Verband keiner mehr vorstellen, dass es noch Menschen gibt, die eine andere Antriebsfeder als Geld und Macht haben?
Ein Wort an alle die das nicht nachvollziehen können: gerne stehe ich zu einem persönlichen Gespräch bereit.
Rene Krombholz