Dem ohnehin arg gebeutelten Friseurhandwerk droht weiteres Ungemach.
Neben dem bekannten Überangebot und daraus resultieren Preiskampf, neben fast 30 % steuerbefreiten Kleinst-Unternehmern und dem ganzen Schwarzgeldszenario scheint jetzt eine weitere Problematik auf die Friseurbranche zu zukommen.
Darauf machte Marcus Harder, Inhaber der gleichnamigen Friseur Fachschule aus Duisburg, während der letzten ICD Jahrestagung aufmerksam.
Die renommierte Fachschule Harder in Duisburg bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung, aktuell verzeichnet man dort allerdings überdurchschnittlich viele Anfragen von Quereinsteigern, so Marcus Harder.
In einem persönlichen Gespräch fragten wir nach, wie diese Aussage zu verstehen ist. Übrigens sind hiervon die Friseur-Fachschulen in ganz Deutschland betroffen - nicht nur Duisburg, betont Marcus Harder und erklärt uns was hinter seiner Aussage steckt. Um Maßnahmen zur Weiterbildung bewerben sich derzeit ganz besonders viele:
- Kollegen/innen, die eine Lehre im Friseurhandwerk absolviert, vielleicht auch einige Zeit gearbeitet und dann länger pausiert haben. Das können zum Beispiel Frauen mit Mutterschaftsurlaub oder Erziehungszeit sein.
- Interesssenten ohne Lehre/Abschluss im Friseurhandwerk: Hier gibt es nicht wenige, die heute sagen: „das wollte ich immer schon machen!“ und erfülle mir jetzt meinen Traumberuf. Aber auch Menschen mit Migrationshintergrund oder Langzeitarbeitslose die sich einen Ausweg im Friseurhandwerk erhoffen.
Auf den ersten Blick eine positive Nachricht, über die man sich angesichts des Personalmangels im Friseurhandwerk, durchaus freuen könnte. Beim weiteren Nachdenken wird die Sache schon bedenklicher, brauchen wir doch eher Top Kräfte mit Berufserfahrung. Bei Friseure/innen der unter a) genannten Gruppe - mit erfolgter Lehre und vorhandenen Kenntnissen – könnte durchaus noch Entwicklungspotential vorhanden sein.
Das sieht bei Gruppe b) eher weniger wahrscheinlich aus, wobei nichts dem Einsatz angelernter Hilfskräfte im Salonalltag entgegenstehen würde. Zu vermuten ist aber, dass solche Mitarbeiter eher im Discountbereich oder unterem Preissegment unterkommen um dort als Top-Kräfte vermarktet zu werden.
Natürlich nur eine Mutmaßung ist, bedenklicher ist aber eine weitere Aussage von Marcus Harder, die auch Aufschluss darüber gibt, wohin sich das Ganze bewegt: Viele dieser Bildungswilligen arbeiten in keinem Salon und wenn überhaupt dann nur für zwei oder drei Tage.
Dieses entspricht einer weiteren aktuellen Entwicklung im Friseurmarkt: viele Unternehmer sind nicht mehr gewillt Vollzeitstellen zur Verfügung zu stellen! In einschlägigen Foren der sozialen Netze werden inzwischen Vorkommnisse heiß diskutiert, wonach Arbeitssuchenden von Beratern der Agentur für Arbeit sogar angeraten wird, lieber Teilzeitstellen anzunehmen. Wohl auch mit dem Hinweis, die verbleibende Zeit dann „anders“ nutzen zu können. Ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis, genügend Freizeit um nebenbei „schwarz und mobil“ tätig zu sein – finanziell hat das durchaus einen Anreiz.
„Bewerber/innen, die keine feste Anstellung in einem Salon nachweisen können, werden für unsere Schule nicht zugelassen!“ so Marcus Harder, der mit dieser Denkweise durchaus in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Ein Mann der immer für das Friseurhandwerk da war, voraus dachte und nachteiligen Entwicklungen entgegentrat.
„Wir haben bereits mit Mitbewerbern die Situation besprochen, aber es ist nicht sicher, ob sich dahingehend alle meiner Denkweise anschließen werden!“ so Harder Junior.
Als Berufskollege und Initiator der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ möchte ich an dieser Stelle alle Verantwortlichen zum nachhaltigen Denken und Handeln auffordern. Ja, wir brauchen ebenso die Quereinsteiger, wie auch Helfer/innen. Dort wo ersichtlich wird, das mit Weiterbildung eine Tätigkeit am Salon vorbei gefördert wird, sollte das unterbunden werden.
Ebenso wenig sinnvoll ist es, Menschen ohne Grundwissen für dieses Handwerk im Schnellverfahren einigermaßen fit zu machen, um sie im Niedrigpreissektor einzusetzen. Damit fördern wir nicht die Qualität die wir für unsere Zukunft brauchen, sondern laufen Gefahr, bei weiterem Absinken der Qualitätsstandards, ein zulassungsfreies Handwerk zu werden.
Rene Krombholz
Der faire Salon
In dieser Wertegemeinschaft haben sich aktuell 215 erfolgreiche Friseurunternehmen zusammengeschlossen. In „hanseatischer Denkweise" stellt diese Gemeinschaft Fairness, Menschlichkeit, aber auch eine hohe Qualität in der fachlichen Arbeit und Produktauswahl in den Vordergrund der geschäftlichen Tätigkeit.
Der Bundesverband Verbraucherinitiativen e. V. stellte im Februar 2015 fest: „das Thema Nachhaltigkeit ist im Friseurhandwerk noch nicht angekommen obwohl Kunden sich hier mehr Engagement wünschen. „Der faire Salon“ wurde als vorbildlich angesehen.
Seit 2016 ist „Der faire Salon“ Mitglied im legendären Wirtschaftsbund HANSE. Unser Motto: zurück zum ehrbaren Handwerk!
www.der-faire-salon.de