Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

Die Corona Analyse

Die Auswirkungen auf Friseure und Kosmetiker


Corona hat Spuren hinterlassen. Für viele Unternehmen ist es eine Mammutaufgabe den gesetzlichen Forderungen nachzukommen und trotzdem den geschäftlichen Erfolg nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir haben das zum Anlass genommen, um mal auszuwerten, wie sich Corona umsatzseitig ausgewirkt hat und haben dabei zwischen Friseur– und Kosmetikbranche unterschieden – mit interessanten Ergebnissen.

Zum Aufbau der Auswertung: Wir vergleichen das Jahr 2020 mit 2019 auf Basis von Bruttobeträgen. Außerdem haben wir als Basis für unsere Auswertungen ein zufälliges Set aus ca. 650 Betrieben genutzt, die sowohl vor – als auch nach Corona noch existierten. Die Kostenseite betrachten wir nicht.

 

Die Umsatzentwicklung: Friseur- und Kosmetikbetriebe verlieren 65 % – 70 % Umsatz in den Monaten März und April

Mitte März kam es zum Lockdown und damit zu Totalausfällen beim Umsatz. In der folgenden Grafik sieht man das anhand dieser „Herzschlagkurve“ im Jahr 2020 – in Blau eingezeichnet.

Friseurbranche:

Umsatzvergleich Friseure 2020 vs. 2019

Der Umsatz bei Friseuren brach im März um ca. 34 % ein und im April um ca. 97 % gegenüber 2019. Das macht in diesen zwei Monaten zusammen einen Gesamtausfall von ca. 65 % im Vergleich zum Vorjahr.

Kosmetikbranche:

In der Kosmetikbranche ging der Lockdown etwas länger, als in der Friseurbranche. D.h. die Kosmetikinstitute durften erst im Verlauf des Mai wieder starten.

 

Umsatzvergleich Kosmetik 2020 vs. 2019

Im März verlieren die Kosmetikinstitute ca. 36 % ihrer Umsätze und im April ca. 93 % gegenüber dem Jahr 2019. Betrachtet man auch hier beiden Monate zusammen, ergibt sich ein Umsatzausfall von ca. 64 % im Vergleich zum Jahr 2019 für die Betriebe.

Was wäre, wenn?

Würde man annehmen, dass das Jahr 2020 eigentlich leicht besser gelaufen wäre als das Jahr 2019, wäre der tatsächliche Umsatzausfall in beiden Branchen sogar bei knapp 70 % für März und April gegenüber einem normal laufenden Jahr 2020.

Friseur- und Kosmetikbranche nach dem Lockdown

Nach dem Lockdown kam im Mai die Phase der „Verzweifelten Kunden“… Schlimme Frisuren, graue Haare und keine Kosmetikbehandlung seit Wochen…

Das führte in der Friseurbranche im Mai 2020 zu einem Umsatzplus um satte 32 % gegenüber Mai 2019.

In der Kosmetikbranche waren es lediglich 4 % mehr Umsatz im Mai. Der Unterschied der Branchen liegt u.a. am späteren Zeitpunkt der Wiedereröffnung. Je nach Bundesland durften Kosmetiker erst viel später im Mai wieder loslegen.

Die Frage ist also: Woher der relativ hohe Umsatz im Mai und den Monaten danach? Das könnte eigentlich nur drei Gründe haben:

  1. Es wurden viel mehr Kunden bedient
  2. Es wurden andere Produkte / Dienstleistungen verkauft
  3. Die Preise sind gestiegen und damit der Durchschnittsbon

Diese drei Thesen betrachten wir im Folgenden etwas genauer.

Kümmern wir uns zuerst um die Anzahl der Kassiervorgänge, welche ein Indiz für „mehr Kunden“ sein können.

Bei den Friseuren sehen wir tatsächlich ein Plus von ca. 6 % bei der Anzahl der Kassiervorgänge im Mai. Dafür im Juni ein Minus von 10 % und im Juli noch ein Minus von 6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Bei den Kosmetikern ist im Mai ein Minus von 8 % zu verzeichnen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie im Mai eben erst später anfangen durften, als die Friseure. Im Juni gab es noch mal ein Minus von 4 % und im Juli von 5 %.

In beiden Branchen wurde vor allem direkt nach dem Lockdown eine große Anzahl von Kunden bedient – und das unter diesen schwierigen Bedingungen (Masken, Anzahl Kunden pro Geschäft, Abstand, etc.). Das spiegelt auch das Feedback wider, welches wir von unseren Kunden bekommen haben, die im Schichtbetrieb und mit teilweise längeren Öffnungszeiten den Kundenandrang bewältigt hatten. Eine – aus unserer Sicht – beachtliche Leistung unter diesen schwierigen Bedingungen.

Trotzdem erklärt das noch nicht das relativ hohe Umsatzniveau in beiden Branchen. Die Erklärung muss also in der Preisgestaltung und/ oder den Dienstleistungen liegen. Ein Indiz dafür ist der durchschnittliche Warenkorb bzw. der Durchschnittsbon.

 

Der durchschnittliche Warenkorb ist nach dem Corona Lockdown um bis zu 24 % höher als im Vorjahr

Einige nennen ihn auch „Durchschnittsbon“. Wir haben für unsere Berechnungen nur Bons mit Dienstleistungen herangezogen und reine Produktverkäufe oder Gutscheine weggelassen, um ein faireres Ergebnis zu bekommen.

Friseurbranche:

Warenkorb Friseure 2020 vs. 2019

Die Grafik zeigt einen enormen Anstieg des durchschnittlichen Warenkorbs im Mai um 24 % gegenüber dem Vorjahr. Dieses Plus schwächt sich bis Juli 2020 wieder etwas ab auf immer noch stattliche 16 %.

Die Steigerung des Warenkorbwertes nach dem Lockdown liegt hauptsächlich an zwei Faktoren:

  1. Das Preisniveau ist gestiegen

Viele Betriebe haben nach Wiedereröffnung entweder mit Hygienezuschlägen oder mit Preiserhöhungen reagiert

  1. Farbdienstleistungen

Besonders im Mai – also direkt nach dem Lockdown – wurden entsprechend „teurere“ Dienstleistungen gebucht. Ist klar, oder? ?

Wir sehen derzeit, dass sich das Warenkorbniveau wieder einigermaßen normalisiert und bei ca. 16 % Zuwachs im Vergleich zum letzten Jahr liegt. Trotzdem gehen wir davon aus, dass sich das Warenkorbniveau noch etwas reduzieren wird, da in der Zeit nach Corona die Hygienezuschläge wegfallen werden.

Kosmetikbranche:

Bei den Kosmetikern können wir auch einen höheren Warenkorb beobachten – jedoch nicht diesen enormen Anstieg direkt nach Ende des Lockdowns. Hier liegt der Anstieg bei ca. 12 % im Mai gegenüber dem Vorjahr und schwächt sich leicht auf ein Plus von immer noch 10 % ab. Das rettet der Kosmetikbranche noch das leichte Umsatzplus nach dem Corona Lockdown.

Warenkorb Kosmetik 2020 vs. 2019

 

In beiden Branchen wurde also an der Preisschraube gedreht. Die Frage, ob eine Preiserhöhung nun ethisch vertretbar ist oder nicht, sei dahingestellt und ist auch nicht Ziel dieser Auswertung. Letztendlich gab/ gibt es bei den Betrieben zwei Strategien: „Hygieneaufschlag“ und „Preiserhöhung“, mit jeweils unterschiedliche Konsequenzen.

So wird es interessant sein, was passiert, wenn der Hygieneaufschlag wieder wegfallen sollte. Denn es wird für die Betriebe schwierig sein, von einem höheren Umsatzniveau wieder zu reduzieren.

Unsere Empfehlung war übrigens eine Preiserhöhung zu machen – zumal viele in der Branche ohnehin entweder zu niedrige Preise haben oder die eigene Preisgestaltung mit Rabatten so durchlöchert haben, dass kein Effekt übrigbleibt.

 

Wie viel Umsatz hat das Jahr 2020 nun gekostet – wenn überhaupt?

Diese Frage lässt sich nur schwierig und nicht für alle gleichermaßen beantworten, weil jeder Fall anders ist.

Wir haben es versucht und für die Monate August bis Dezember die gleiche Saisonalität wie 2019 und ein leicht höheres Umsatzniveau angenommen.

Friseurbranche mit ähnlichem Umsatzniveau wie 2019:

Wir haben ein Niveau von +9 % im Umsatz für die Monate August bis Dezember im Vergleich zu 2019 gewählt.

Umsatzprognose Friseure 2020 vs- 2019

Nun zählen wir den Umsatz aller Monate in 2020 zusammen und stellen diesen dem Gesamtumsatz von 2019 gegenüber. Daraus ergibt sich ein Gesamtumsatz für das Jahr 2020, der bis auf ein paar Zentelprozent genau auf Vorjahresniveau liegt.

Kosmetikbranche mit ca. 5 % unter dem Umsatzniveau von 2019:

Wir haben auch hier für die Monate August bis Dezember ein Niveau von +5 % beim Umsatz gegenüber 2019 angenommen.

Kosmetikbranche Prognose 2020 vs. 2019

Für das gesamte Jahr 2020 würde sich damit ein Umsatzverlust in Höhe von ca. 5% gegenüber dem Vorjahr ergeben. Zwar ist das Umsatzniveau in den Monaten nach Corona höher als im Vorjahr, aber das reicht nicht mehr, um das ganze Jahr zu „retten“. Zählt man also den gesamten Umsatz der einzelnen Monate zusammen und vergleicht diese mit 2019, ergibt sich ein Umsatzverlust von 5%.

Fazit

Es gibt viele Einzelschicksale, die in unseren Zahlen natürlich keine Rücksicht finden, die wir aber nicht unter den Teppich kehren wollen. Die Krise hat viele schwer getroffen. Bei unseren Auswertungen haben wir Betriebe, die wegen Corona sogar aufgeben mussten, auch nicht berücksichtigt, sondern nur Betriebe die vor und nach Corona existiert haben.

Allerdings kann man auch sagen, dass vor allem die Preiserhöhungen dazu geführt haben, dass das Jahr 2020 – vorausgesetzt es gibt keinen Lockdown mehr – auf einem ähnlichem Umsatzniveau raus kommen wird wie 2019.

Dadurch, dass sich die Preissteigerungen auch in den nächsten Jahren auswirken werden, bleibt dieser Effekt auch zukünftig noch erhalten. Das ist eventuell sogar positiv zu bewerten, da durch Corona höhere Preise durchgesetzt werden konnten, die so manch einer vielleicht nicht hätte durchsetzen können – ohne Corona.

Tendenziell könnte man auch behaupten, dass die Kosmetikbranche etwas stärker getroffen wurde, als die Friseurbranche. Zusätzlich darf man aber auch nicht vergessen, dass Hilfen wie z.B. Kurzarbeit, die Kostenseite entlastet haben und damit insgesamt die beiden Branchen besser aus der Krise raus gekommen sind, als manch andere Branche.

Alles in Allem würden wir mit Hinblick auf die Zahlen behaupten, dass Betriebe, die die betriebswirtschaftliche Seite des Geschäfts auch vor Corona schon im Griff hatten, auch relativ gut durch die Krise „geschippert“ sind. Aus unserer Erfahrung macht die betriebswirtschaftliche Seite mindestens 51 % des Erfolgs des Geschäfts aus. Elektronische Kassensysteme (nicht nur studiolution) mit guten Auswertungsmöglichkeiten (die man auch nutzen sollte) helfen dabei, durch solche Krisen durchzukommen.

 

PS für Statistikfreunde: Die Stichprobengröße von ca. 650 Salons/ Studios wurde von uns so gewählt, damit ein Konfidenzniveau von min. 98 % erreicht werden kann (bei 5 % Fehlerspanne). Allerdings kann man sagen, dass die Auswertung dennoch nicht repräsentativ für den Gesamtmarkt ist, da wir a) Insolvenzen nicht berücksichtigt haben und b) nur Kunden mit elektronischem Kassensystem (studiolution) herangezogen haben. Trotzdem ergibt sich ein guter Indikator für die beiden Branchen, den wir gerne teilen.

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