Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

Keine Unternehmenshilfen für Gudrun K.?

War sie vor dem Lockdown zu fleissig !?


Geschafft! Sturzmüde, aber überglücklich darüber, in den letzten Tagen vor dem 2.Lockdown noch so viele Kunden für das Christfest verschönt zu haben, schließt Friseurmeisterin Gudrun K. am 15.Dezember um 23:10 Ihre Salontür. Endlich Feierabend!!

Bundesweit war es in den meisten Friseurbetrieben so, die Medien berichteten darüber. Friseure öffneten nicht nur an ihrem (sonst freien) Montag, sondern legten auch Sonderschichten ein. Einige öffneten bereits früh um 6 Uhr und arbeiteten bis gegen Mitternacht. Ihren Kunden zuliebe, denn schließlich mussten alle Betriebe, trotz hervorragender Hygienekonzepte, ab dem 16.12.2020 geschlossen werden.

Glücklich und stolz hatte sich Gudrun K. am Dienstag gefühlt. 
Dieses Gefühl weicht dem blanken Entsetzen, als sie 3 Tage später feststellt, dass sie keinerlei staatliche Hilfen oder Unterstützung zu erwarten hat.  

In den Medien wurden großzügige Hilfen angekündigt. 
Doch jetzt merkt Gudrun K. (wie auch immer mehr Unternehmer), dass dieses ein zweifelhaftes Unterfangen ist. 

Unter ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de findet sie den Hinweis, das die Dezemberhilfe *1) nur für Unternehmen gedacht ist, die aufgrund der Beschlüsse von Bund und Ländern am 28.10., am 25.11. und am 02.12. schließen mussten. 
Ausdrücklich ausgeschlossen sind alle Unternehmen, die aufgrund der Beschlüsse vom 13.12. betroffen sind und ab 16.12.2021 schließen mussten.

Dann findet Gudrun K. auf der Website des Bundesfinanzministerium Erläuterungen zur verbesserten Überbrückungshilfe III  *2) und erlebt ein Wechselbad der Gefühle. 
„Für die, von den zusätzlichen Schließungs-Entscheidungen vom 13. Dezember 2020, erfassten Unternehmen werden Zuschüsse zu den Fixkosten gezahlt.“ liest sie und atmet auf – um einige Textpassagen weiter blass zu werden.
„Erstattungsfähig sind Fixkosten …. “ ist dort zu lesen, die Höhe der Erstattung hängt von der Höhe des Umsatzrückgangs (im Vergleich zum Vorjahreszeitraums Dezember 19 / Dezember 20) ab.  

Und dann wörtlich: 
                                                                 „Beträgt der Umsatzrückgang weniger als 30 Prozent erfolgt keine Erstattung.“

Mit zittrigen Händen sucht Gudrun K. im PC ihre Zahlen zusammen.
19.220 € Umsatz waren es im Dezember 2019, im aktuellen Jahr wurden durch Fleiß und Überstunden stolze 13.665,42 €uro erarbeitet.

„Eine Katastrophe“ sagt dazu Unternehmensberater und Zahlenexperte Joe Ritter *3) aus Berlin, als wir ihn mit diesen Zahlen kontaktieren. „Das sind genau 28,9% weniger Umsatz als im Vorjahr. Somit bekommt Gudrun K. (falls es bei den jetzigen Bestimmungen bleibt) keinerlei Hilfen, hat sich aber ein dickes Minus eingefahren und muss für den eigenen Lebensunterhalt auf Rücklagen oder Fremdfinanzierung zurückgreifen!“ 
So der Experte der uns freundlicherweise diese Zahlen aufschlüsselt

In einem Handwerk mit geringen Margen, führt ein Umsatzrückgang von bereits unter 30% zu einer finanziellen Schieflage. 
Die Kosten werden u.U. nicht mehr gedeckt.

Dieses hat auch der Zentralverband erkannt und mit einem Positionspapier *4) sein Veto eingelegt und Änderungen gefordert. 
In einer Bundestagsdebatte wurde bereits von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP eine Anpassung der Überbrückungshilfe III gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte eine Überprüfung zu.

Dieser Beitrag beschreibt eine Situation unter den JETZIGEN Unternehmenshilfen III - die hoffentlich noch abgeändert werden. So fordert es auch der ZV in seinem Positionspapier. Also bitte KEINE AUFREGUNG - aber bleibt aufmerksam und stellt Euch darauf ein, das auch ein Staat nicht alles ohne Ende finanzieren und ausgleichen kann. Und: selbst wenn verbesserte Hilfen kommen, die Bearbeitung wird Zeit beanspruchen, das Geld nicht Tage später auf dem Konto sein. Passt auf und achtet auf Euere Liquidität! 

Auf eines sei auch hingewiesen: der Staat kann lediglich Verluste versuchen zu kompensieren, ist aber nicht für den Gewinn zuständig. 
In mittleren und großen Unternehmen dürfen auch die Gehälter der geschäftsführenden Gesellschafter, die oft auch die Inhaber sind, von den Corona -Hilfen bezahlt werden.  Das gilt auch für die Entnahmen des Einzelunternehmers (nicht jedoch für private Anschaffungen). 
Allerdings muss der "kleine" Friseur dazu erst einmal Hilfen erhalten.  
Und wenn nichts übrig bleibt, geht für die Unternehmer dann nur noch der Weg über ALG II

Auch MIT Hilfen sieht die Situation bedrohlich aus. 

Hierzu übersandte uns Joe Ritter auf Anfrage eine Stellungnahme.
Er macht darauf aufmerksam, dass sich auch mit Überbrückungshilfe III, in weniger günstigen Fällen, ein finanzielles Minus für den Unternehmer ergeben kann und stellt die Frage: „Wovon sollen die Unternehmer in dieser Situation leben?“ 
Diese Stellungnahme findet sich hier
 
FAZIT:

Nach jetzigem Stand (hier schließe mich den Forderungen des ZV an) gehen Unternehmer/innen wie Gudrun K. leer aus. 
Hätte Gudrun die Hände in den Schoß gelegt und nichts getan, hätte sie ggf. Hilfe beantragen können. 
Dafür, das sie fleißig war, keine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt hat, wird sie letztlich sogar bestraft.
Besonders begünstigt sind hier, die (leider auch vorhandenen) schwarzen Schafe, die einen Teil des Umsatzes schwarz einheimsen und darüber hinaus noch Hilfen beantragen können, weil die Umsätze so gering geworden sind!? 
Das kann es nicht sein!

Bei allem Respekt vor unserer Regierung und ihrer derzeitigen Leistung, auch mit Wissen um deren Fehlbarkeit,  möchte ich (als Friseurunternehmer, Fachautor und Initiator der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“) anmerken: 

Natürlich ist unser Staat kein Selbstbedienungsladen und sämtliche Unterstützungen müssen irgendwann (von uns allen) zurückgezahlt werden. 
Jeder Unternehmer ist gehalten, selbst Vorsorge zu tragen und mit guter Arbeit, sowie besten Wissen und Gewissen, sein Unternehmen durch diese Krise zu manövrieren. 

Manche Regelungen, wie hier bei der Unternehmenshilfe, laufen für kleinere Betriebe, wie wir sie im Friseurhandwerk vorwiegend finden, konträr und sind damit weder nachhaltig noch nützlich.  

Für mich persönlich ist Solches weder eine nachhaltige, noch christliche, noch sozial ausgeglichene Politik.
Wenn Menschen wie Amazon Konzernchef Jeff Bezos (geschätztes Vermögen 189 Milliarden Dollar)  innerhalb von wenigen Monaten durch die Krise sein Einkommen um 25 Milliarden € steigert -  aber sich das Unternehmen unserem Allgemeinwohl entzieht.  

Oder:  

Starbucks (Jahresumsatz global 26,5 Milliarden Dollar) gibt nicht einmal die Mehrwertsteuersenkung an Konsumenten weiter, erhält Subventionen, der Steueranteil zu Gunsten unseres Landes ist lächerlich gering … und auf der anderen Seite wird dem kleinen Unternehmer ohne Einkommen jegliche Hilfe verwehrt…. ? 

Gerade unser Mittelstand, die vielen kleinen Betriebe, schaffen Ausbildungs-, und Arbeitsplätze, zahlen Beiträge und Steuern, sorgen fürs Allgemeinwohl, - was man längst nicht von allen Konzernen und globalen Firmen behaupten kann. 

Vergesst die „Kleinen“  nicht, möchte ich der Politik an dieser Stelle abschließend zurufen und hoffe auf Änderungen.

Rene Krombholz

 

  1. Dezemberhilfe
    https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de//UBH/Redaktion/DE/FAQ/ausserordentliche-wirtschaftshilfe.html
     
  2. verbesserte Überbrückungshilfe III
    https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona-Schutzschild/2020-12-12-verbesserte-ueberbrueckungshilfe-III.pdf?__blob=publicationFile&v=2
     
  3. Joe Ritter – Consulting
    www.friseurrechner.com
     
  4. Positionspapier Friseurhandwerk
    https://friseur-news.de/gewusst-wo/fachmessen-und-events/verbandswesen/news-aus-den-verbaenden/positionspapier-friseurhandwerk

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