Wir wissen alle: im Friseurhandwerk braucht es höhere Löhne, wollen wir Mitarbeiter in unseren Betrieben halten. Aber nun scheinen sogar 15.- € Mindestlohn zu viel, wenn man der Meldung des Zentralverbandes folgt. So heiß wie dieses Thema im Friseurhandwerk diskutiert wird, so vielschichtig ist es auch.
Den zahlreichen Kommentaren der Internet-Foren folgend, dürfte die Mehrheit der Friseurunternehmer deutlich höhere Löhne zahlen. Die Lohnstatistik des Bundesergibt jedoch ein anderes Bild. Trotzdem befürchtet der Zentralverband des Friseurhandwerks den Tod des jetzigen Friseurhandwerks. Und alles hat seine Richtigkeit.
Fakt ist, das nicht wenige (weibliche) Berufstätige (auch in Lehrberufen) ähnlich schlecht entlohnt werden wie Mitarbeiter im Friseurhandwerk. Berufe die ungeliebter sind werden (auch ungelernt) deutlich besser entlohnt besonders wenn sich eine Gewerkschaft dafür stark gemacht.
Handlungsbedarf dringend erforderlich.
In Zeiten des Fachkräftemangels gehen Mitarbeiter dorthin, wo sie besser bezahlt werden. Das hat ist bereits während der Corona Pandemie geschehen, als das Friseurhandwerk rund 35.000 Mitarbeiter in andere Branchen abgeben musste.
Der Fachkräftemangel im Friseurhandwerk greift um sich, erste Betriebe schließen, Nachwuchs ist kaum in Sicht.
Faire Löhne erfordern faire Einnahmen
Unsere Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ setzt sich für bessere Löhne ein aber selbstverständlich auch dafür, das die hierfür notwendigen Umsätze erwirtschaftet werden. Nur das ist fair, aber leider keine Realität.
Mangelnde Wertschöpfung im Friseurhandwerk
Nach Meldung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) waren 240.000 tätige Personen in der Friseurbranche für einen Umsatz von rund 6,7 Milliarden Euro verantwortlich. Im Durchschnitt setzte jede im Friseurhandwerk tätige Personen rund 28 000 Euro im Jahr um. Im Vergleich zu anderen handwerklichen Berufen bilden Friseurinnen und Friseure damit das Schlusslicht.
In anderen Gewerken wurden im Durchschnitt rund 126 000 Euro Umsatz pro tätige Person erwirtschaftet.
Auf den Punkt gebracht.
Das sagen Branchenkenner:
„Die zu geringe Wertschöpfung entsteht, wenn einerseits die Angebotspreise niedrig sind, die Mitarbeiter aber in ihren Arbeitsabläufen alten Schemata folgen, weil sie die modernen Arbeitsschritte nicht gelernt haben, und wenn seitens der Führung des Unternehmens wenig bis kein Steuerungs-, kein Führungs- und kein Controlling Verständnis vorhanden ist.“
(Unternehmensberater Goebel)
„Diese Zahlen sind eindeutig katastrophal! Auslastungsberechnungen belegen, dass ein Jahresumsatz von knapp 100 TSD Euro etwa einer Auslastung von 40 % entspricht. Nach unserer Erfahrung aus bald vier Jahrzehnten in dieser Branche dominiert im Friseurhandwerk eindeutig der künstlerische Anteil bei weitem, während der unternehmerische Aspekt verkümmert. Dies liegt jedoch nicht nur an den Leistungen der Mitarbeiter, sondern insbesondere am Leistungsanspruch der Chefs.
(Klaus Schaefer – SPC Consulting)
Die verkannte Wahrheit
Überall neue Salons, das muss lohnen! So denken Kunden/innen aber auch nicht wenige Mitarbeiter und mutmaßen, das von 100 € Einnahme, 75 € für den Chef sind.
Mit grob gerechnet 45 % Lohnkosten, 19 % Mehrwertsteuer, 10% Wareneinsatz und weiteren 10 % Miete sind 84 % der Einnahmen auf der Ausgabenseite gebucht.
Von den restlichen 16 % sind Versicherungen und Beiträge, Telekommunikation, Werbung, Service zu bestreiten und dann soll möglichst noch etwas für Unternehmerlohn und Altersvorsorge übrig bleiben… Rund rum schwierig!
Darüber herrscht beschämendes Schweigen.
Ein klares JA zu höheren Löhnen
aber dazu brauchen wir das Verständnis der Kunden und Mitarbeiter, ein Umdenken in den Führungspositionen.
Wir brauchen ein Umdenken und ein Neu-Verstehen unserer Arbeit, unseres Miteinander, unseres Berufes.
Wir brauchen
- eine offene ehrliche Diskussion zu allen Seiten
- Aufklärung darüber, wie deutlich günstigere Preise Zustandekommen
- Mitarbeiter die unternehmerische Erfordernisse verstehen
- eine betriebswirtschaftlich fundierte und gesicherte Preiskalkulation
- Mitarbeiter die fachlich in der Lage sind, die notwendigen Umsätze zu erarbeiten
- eine sichtbar bessere Qualität
- ansprechende und zielgruppenoptimierte Angebote
- ein modifiziertes, sinngebendes Berufsbild
- ein neues Führungsverständnis bei den Arbeitgebern
Der Kodex für Friseure in Europa
entstanden unter Mitwirkung der EU, unterzeichnet von allen Sozialverbänden der EU, gilt für uns in der Wertegemeinschaft als Wegweiser.
Durch die Mitgliedschaft in der Wertegemeinschaft profitieren Friseurunternehmen von einem Netzwerk, das sich für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen stark macht.
Zudem fördert die Wertegemeinschaft ein neues Führungsverständnis und betriebswirtschaftlich fundierte Preiskalkulationen, die es den Unternehmen ermöglichen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und gleichzeitig faire Löhne zu zahlen.
Insgesamt bietet die Mitgliedschaft in der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ eine Plattform für den Austausch von Best Practices und die gemeinsame Entwicklung von Strategien, um die Herausforderungen im Friseurhandwerk zu meistern und die gesteckten Ziele zu erreichen.
Weitere Infos: https://www.wertegemeinschaft.info/erklarung/