Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 10.07.2025

Klartext !!!

Friseurhandwerk am Limit: Zwischen Frust, Vorurteilen und echter Verantwortung


Ein Blick hinter die Kulissen der aktuellen Debatten.

In der Debatte um die Zukunft des Friseurhandwerks mehren sich kritische Stimmen – laut, emotional und zunehmend anklagend. Auf Social Media entlädt sich Frust über niedrige Löhne, fehlende Wertschätzung und eine immer größer werdende Kluft zwischen Anspruch und Realität im Alltag der Salons. Im Blickpunkt stehen dabei Barber, Mindestlohn und Mitarbeitermangel. Politik, Innungen und Handwerkskammern geraten dabei in den Fokus der Kritik – oft pauschal und wenig differenziert. Doch was steckt dahinter? 

Woher kommt der Frust?

Viele Friseurinnen und Friseure erleben Tag für Tag, was Statistiken belegen: steigende Betriebskosten, Fachkräftemangel, Bürokratielasten und ein Markt, in dem Billiganbieter die Preise drücken. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der Kunden, sowohl an Qualität als auch an Service.

Besonders problematisch: Der gesetzliche Mindestlohn schafft zwar ein Mindestmaß an Einkommen, deckt aber oft nicht die wirtschaftliche Realität kleiner Betriebe ab. Viele Saloninhaber*innen stehen vor der Frage, wie sie faire Löhne zahlen sollen, ohne ihre Existenz zu gefährden. Besonders im Friseurhandwerk, welches in der Wertschöpfungsskala der Handwerksberufe, weit abgeschlagen auf dem letzten Platz landet. 

"Wo ist die Handwerkskammer, wenn man sie braucht?"

Diese oder ähnliche Aussagen häufen sich derzeit in Kommentaren auf Plattformen wie Facebook oder Instagram. In Posts unter Branchenbeiträgen liest man:
„Die Kammern schlafen. Die helfen doch nur sich selbst.“  
„Die Innung? Da sitzen alte weiße Männer und es passiert nichts.“
„Schafft die Barbershops ab! Sofort!!!“

Solche Äußerungen spiegeln echte Frustration wieder – sie sind aber oft von Unwissenheit über Zuständigkeiten und ehrenamtliche Strukturen geprägt.

Ehrenamt und Verantwortung: Was viele nicht wissen

Nicht selten hört es sich so an, als wenn in der Verbandsebene Menschen sitzen würden, die null Ahnung haben und sich dort ausgiebig bereichern. Was viele Kritiker*innen nicht sehen: In den Innungen und Kammern engagieren sich zahlreiche Fachleute ehrenamtlich. Fast alle sind selbst Friseurunternehmer: innen und somit von den derzeitigen Problemen selbst betroffen. 

Ehrenamtlich übernehmen sie Prüfungen, schulen Nachwuchs, verhandeln Tarife und kämpfen auf politischer Ebene für die Sichtbarkeit des Berufsstandes. Dabei ist ihre Handlungsmacht begrenzt. Sie können Impulse setzen, aber nicht politisch entscheiden. 

Ein Beispiel: Die Kritik an zu hohen Anforderungen der Ausbildungsordnung wird oft der Innung angelastet – obwohl diese nicht federführend, sondern nur beratend, in die bundesweite Ordnung eingebunden ist. Durch Austritte und fehlende Unterstützung wird diese Arbeit aus der Basis der Brache zusätzlich geschwächt.

Aktuell: 

Zwei Männer aus dem LIV, weder alt noch mit weißen Köpfen, dafür aber ausgestattet mit Erfahrung in der Branche, Fachwissen, Elan und dem Willen etwas für das Friseurhandwerk zu bewegen, besuchten Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.

Ingo Lanowski, Vorsitzender des LIV NRW und Vizepräsident im Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks, Friseurmeister mit über 30 Jahren Erfahrung, Obermeister der Innung Hamm. 

Mike Engels, Stellvertretender Verbandsvorsitzender des LIV NRW selbstständiger Friseur seit 2004 Obermeister der Friseur- und Kosmetik-Innung Köln. 

Im Gespräch mit Minister Laumann wurde Klartext gesprochen:

  • Unfaire Konkurrenz durch Barbershops ohne Qualifikation. Diese Betriebe setzen den Markt unter Druck, ohne die nötige Fachkompetenz. Das schadet nicht nur der Branche, sondern auch den Kunden, die auf qualifizierte Dienstleistungen vertrauen. 
  • Politische Eingriffe beim Mindestlohn – Die aktuellen Anpassungen sind gerade noch akzeptabel, doch die politische Einflussnahme auf die Mindestlohnkommission ist inakzeptabel. Wir fordern, dass die Festlegung des Mindestlohns wieder eine Aufgabe zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern bleibt. 
  • Kaum Unterstützung bei Ausbildung & Integration – unser Handwerk braucht mehr Förderung, um junge Talente zu gewinnen und Fachkräfte aus dem In- und Ausland zu integrieren. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
  • Rückzahlung der Coronahilfen bedroht Existenzen – viele Betriebe stehen vor der finanziellen Belastung, die durch Rückforderungen der Hilfen entsteht. Das gefährdet die Existenz vieler Friseurunternehmen. 
  • Forderung: Mehr Gehör für das Handwerk – und echte politische Unterstützung! Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen, stabile Rahmenbedingungen und eine nachhaltige Förderung.

Was braucht das Friseurhandwerk jetzt?

Mehr Aufklärung:
Wer den Alltag im Handwerk mitgestalten will, braucht Informationen. Wer ist wofür zuständig? Was leistet das Ehrenamt tatsächlich? Was ist rechtlich möglich, wo gibt es Grenzen? Was passiert in der Friseurbranche wirklich? (Verkauf und Vermietung von Meisterbriefen, Kleinstunternehmer, Schwarzarbeit).  

Dialog statt Shitstorm:
Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok bieten Möglichkeiten zum Austausch – sie ersetzen aber keinen konstruktiven Dialog mit Entscheidern. Gefährlich, wenn gefühlter Frust und Halbwissen zusammentreffen.  

Reformen und Eigeninitiative zum Umdenken,
wenn wir wissen, dass Gesellenprüfungen mit Durchfallquoten um die 50% und Bestnoten um 4,0 fast Normalität werden, wissen wir auch, wie bedenklich Dieses in Hinsicht auf Fachkräftemangel und Qualität und Image werden kann.
53 % Berufsabbrecher zeigen, wie groß die Probleme sind – auch in den Betrieben. 

Gemeinsame Lösungen:
Nur wenn Politik, Verbände und Betriebe zusammenarbeiten, können Rahmenbedingungen nachhaltig verbessert werden. Hier ist die Schlagkraft der Verbände in den letzten Jahren durch Mitgliederschwund (dadurch weniger finanzielle Mittel) erheblich geschwächt worden. 

Mehr Sichtbarkeit:
Initiative wie „Der faire Salon“ zeigen, dass Werte, Qualität und Menschlichkeit im Friseurhandwerk mehr Aufmerksamkeit verdienen müssen. Das Friseurhandwerk braucht ein neues (altes) Berufsverständnis mit mehr Sinngebung für dieses Handwerk. Die Verständigung auf gemeinsame Werte, die sich am Kodex für Friseure in Europa ausrichten ist wichtig. 

Der Frust ist verständlich. 

Doch wer Veränderung will, braucht mehr als laute Kritik – er braucht Verbündete, Wissen und die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden. Nur dann hat das Friseurhandwerk eine echte Chance auf ein starkes, selbstbewusstes Morgen. Darum plädiere ich für mehr Eigenverantwortlichkeit, Umdenken und Fairness, auf Grundlage einer gemeinsamen Berufsethik. 

Rene Krombholz

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