Corona war für alle eine Plage, die nur noch gesteigert wurde, von dem Nachweis der völligen Unfähigkeiten der öffentlichen Verwaltung und der Politik.
Da fragt man sich ernsthaft was schlimmer war.
Der Streit um die „NRW Corona Soforthilfe“ geht in die nächste Runde.
Nachdem drei Verwaltungsgerichte und das Oberverwaltungsgericht Münster die Schlussbescheide aus dem ersten Rückmeldeverfahren (Frist war 31.10.2021) bereits für rechtswidrig befunden haben (wir berichteten), geht der Streit nun weiter.
Grund dafür ist die Tatsache, dass die NRW-Landesregierung drei Tage vor der Berufungsverhandlung am OVG Münster bereits entschieden hatte, an den rund 283.000 nicht beklagten Schlussbescheiden festzuhalten und diese bestandskräftig zu halten, egal welches Urteil das OVG treffen würde.
Nach dem Urteil des OVG musste NRW ein komplett neues „Verwendungsnachweisverfahren“ aufsetzen, welches die Kritikpunkte des OVG umsetzen sollte.
Nach rund 19 Monaten war dieses neue Verfahren Ende Oktober 2024 endlich fertig und bot den Betroffenen wesentliche Verbesserungen:
- Vollständige Lebenshaltungskosten für Einzelunternehmer, die bis einschließlich 01.04.2020 den Antrag stellten. Zuvor wurde hier nur eine Pauschale von 2.000 EUR für den gesamten dreimonatigen Förderzeitraum gewährt.
- Bessere Abrechnung des „Liquiditätsengpass“: Gewinne aus späteren Monaten des dreimonatigen Förderzeitraums werden nicht mehr mit Verlusten aus Vormonaten verrechnet. Gerade diese Verbesserung dürfte allen Friseursalons zugute kommen, die meist im dritten Monat wieder öffnen durften.
- Tagesscharfe Abrechnung des „Liquiditätsengpass“ ist möglich, statt nur monatsgenaue Abrechnung.
Von diesem neuen Verfahren profitieren vor allem ca. 22.000 Betroffene, die keinen Schlussbescheid mehr bekamen, da NRW aufgrund der Klagewelle erstmal die Notbremse zog. Weitere 57.000 Betroffene haben damals keine Rückmeldung abgegeben und profitieren nun ebenfalls von den Verbesserungen, obwohl sie sich damals rechtsuntreu verhielten.
Die übrigen 283.000 Betroffenen, die zu Unrecht auf rechtswidrigen aber bestandskräftigen Bescheiden hocken, gucken erst mal in die Röhre und sind von diesen massiven Verbesserungen ausgeschlossen.
All das möchte die „Interessengemeinschaft NRW-Soforthilfe“ aber nicht einfach so hinnehmen und strebt nun erneut Musterverfahren vor den Verwaltungsgerichten an.
„Man kann niemandem erklären, warum NRW hier ohne Sachgründe dermaßen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.“, so Reiner Hermann, Initiator der „IG NRW-Soforthilfe“.
„Die Leute fühlen sich zu Recht von der Politik unfair behandelt und sind natürlich sauer und enttäuscht darüber, da braucht man sich über Politikverdrossenheit nicht zu wundern“.
Die IG NRW-Soforthilfe hatte damals maßgeblich die Klagen gegen die Schlussbescheide organisiert, indem sie mittels Crowdfunding unter betroffenen Unternehmern die finanziellen Mittel für eine Top-Kanzlei sammelte, mit deren Hilfe die IG in Musterverfahren vor drei Verwaltungsgerichten und dem OVG Münster gegen NRW siegte.
„Wir hatten damals die Hoffnung, dass NRW nach dem Urteil seine Fehler einsehen würde, um dann für alle Betroffenen ein einheitliches rechtskonformes Verfahren zur erneuten Abrechnung durchzuführen. Leider hat NRW sich dagegen entschieden und so eine massive Ungleichbehandlung eingeführt“, so Reiner Hermann.
Nach Einschätzung der IG NRW-Soforthilfe baut NRW darauf, dass die Betroffenen nun endlich die Hilfe zurück zahlen und einen Schlussstrich unter die NRW-Soforthilfe machen.
„Wir haben auch lange überlegt, ob wir noch die Kraft und die finanziellen Möglichkeiten haben, um auch für diejenigen zu kämpfen, die damals nicht mit uns zusammen geklagt haben. Aber Aufgeben ist für uns keine Option“, so Reiner Hermann.
„Es gab unserer Ansicht nach schon erhebliche Rechtsvorstöße beim Versand des Schlussbescheides, das kommt noch On-Top zu der Ungleichbehandlung.
Das werden wir von den Gerichten klären lassen, zur Not gehen wir auch bis vor das Bundesverwaltungsgericht.“
Sollte die IG NRW-Soforthilfe in den Musterverfahren erfolgreich sein, so kann jeder Betroffene später nochmals seinen Schlussbescheid angreifen, egal ob die Soforthilfe schon ganz oder teilweise zurück gezahlt wurde.
Wie auch bei der ersten Klagewelle wird die IG NRW-Soforthilfe dann für ihre Mitglieder, die das Crowdfunding für die Anwälte unterstützt haben, entsprechende Unterlagen bereit stellen, um ganz ohne eigenen Anwalt klagen zu können.
„Für diesen Kampf brauchen wir natürlich weiterhin finanzielle Mittel, um unsere Anwälte und die Gerichtskosten zu finanzieren.
Handlungsempfehlung vom „Fairen Salon“!
Jeder kann bereits mit einer kleinen Einmalzahlung in die Paragraphen-Kasse am Crowdfunding teilnehmen und bekommt so die Mustertexte, die die IG NRW-Soforthilfe zusammen mit den Anwälten bereitstellen. „Uns geht es nicht um pauschales „Geld behalten“ können, sondern um gleiche, faire Abrechnung für alle!“, so Reiner Hermann.
Hinweise zum Beitritt in die „Paragraphen-Kasse“ der IG NRW-Soforthilfe finden sich hier auf der Website: https://ig-nrw-soforthilfe.de/mitmachen
Bitte macht reichlich Gebrauch davon, es lohnt sich.