Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 24.04.2024

Blickpunkt Barbershops

Fragen und Antworten zu einem brisanten Thema


Wenn man den Blutdruck des organisierten Friseurhandwerks und der Meisterinnen und Meister hochtreiben will, dann braucht es nur drei Stichworte - Barbershop, 22.500 Euro und Schwarzarbeit. Oder anders gesagt: Es geht um unqualifiziertes Handeln und unfairen Wettbewerb. 

Und dennoch ist es nicht so einfach, wie mancher es gerne sehen möchte. 
Denn es gibt auch die Barbershops, die hochqualifiziertes Friseurhandwerk ausüben und handwerksrechtlich sauber arbeiten. Sie sind ein Gewinn für die Branche! 

Das Thema ‚Schwarzarbeit‘ ist so alt wie das Steuerwesen: Also seit der Antike nachweisbar. Wichtig bei allen diesen ‚Reizthemen‘: Kammer und Innung müssen gemeinsam unfairen Wettbewerb bekämpfen und - wo immer es geht – unterbinden. 
Durch Schwarzarbeitsbekämpfer (wie im Falle der HWK Düsseldorf), durch enge Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt der Kommune und mit einer transparenten und gesetzestreuen Umsetzung dessen, was die Handwerksordnung vorgibt. 
Die Handwerkskammer darf bei der Eintragung von neuen Betrieben nicht mehr fordern als das, was der Gesetzgeber in der Handwerksordnung normiert hat. Sie darf aber auch nicht weniger fordern!

Dieses Statement erhielt ich von Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, als ich wegen dieser Themen um eine Stellungnahme bat. 


Ja, es sind Punkte, die in unserer Branche derzeit viel diskutiert werden. Immer mit Vorwürfen gegen Kammern und Innungen versehen – als Insider ärgert mich das: denn diese Schuldzuweisungen sind (meist) unbegründet. 
Eine zweifelhafte Situation! Schaden uns die Barber? Nehmen sie uns wirklich Kunden weg – oder versorgen sie eher das Klientel, welches sonst den Haarschnitt zu Hause bevorzugen würde? 
Die steuerbefreiten Kleinstunternehmen, schießen sie sich nicht selbst ins Abseits? Weiterbildung, Service, Mitarbeiter…. Wie soll das gehen mit Einnahmen unter 100,- €uro pro Tag? 

Als Initiator der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ kämpfe ich seit Jahren gegen Missstände, gegen Ungerechtigkeiten. Zunehmend erkenne ich aber auch, dass wir einige Dinge nicht ändern können und unsere Kraft dahingehend bündeln sollten, um unser Handwerk strahlen zu lassen. Das lässt dann automatisch leuchtende Billigpreise verblassen. 
Kleinstunternehmer und Barber sehe ich mittlerweile nur noch dahingehend als problematisch an, weil sie eine marktgerechte Entwicklung der Preise deutlich erschweren. Werden WIR mit unseren Leistungen stärker, besser und lauter – wird sich manches ändern. 
Trotzdem wollte ich wissen, was es mit den Barbern auf sich hat.

 
So bedanke ich mich recht herzlich bei Ass. Manfred Steinritz, Stv. Hauptgeschäftsführer der HWK, der speziell für diese Rechtsfragen zuständig ist, für die umfangreichen Erklärungen und Antworten auf meine Fragen:

Herr Steinritz, das Friseurhandwerk bemängelt, dass die Zahl der Barbershops ständig zunimmt. Können Sie das bestätigen? 

Manfred Steinritz:
Nun ja, wollen wir nicht von ständiger Zunahme sprechen, aber die Zahl der Barbershops ist aus meiner Sicht schon recht hoch. Manchmal weiß ich nicht, woher diese Geschäfte ausreichend Kundschaft herholen.

Warum müssen überhaupt Antragsteller, die in einem zulassungspflichtigen Beruf wie dem Friseurberuf, auch ohne Meisterprüfung zugelassen werden? 

Manfred Steinritz:
Die Handwerksordnung  mit der, darin verankerten, Meisterpflicht stellt eine Beschränkung der grundgesetzlich garantierten Berufsausübungsfreiheit dar, da die zulassungspflichtigen Handwerke der Anlage A grundsätzlich nur mit einem Meister*in ausgeübt werden können. 

Schon 1961 hat daher das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es Ausnahmen von der strikten Verpflichtung zu Meisterbeschäftigung geben muss, damit die Handwerksordnung mit ihrer Grundrechtseinschränkung verfassungskonform ist. Darum gibt es die Ausnahmetatbestände der §§ 7a, 7b und 8 Handwerksordnung. Ebenfalls können sich EU-Staatsangehörige unter bestimmten Bedingungen ohne Meisterbrief selbstständig machen (§9 HwO).

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat bereits 2018 entschieden, dass ein Herrenhaarschnitt nicht eine begrenzte spezielle Spezialtätigkeit ist (sowie der Bartschnitt) und zur Tätigkeit des Haareschneidens eine Meisterprüfung oder ein angestellter Friseurmeister notwendig ist.
Scheinbar sehen das bundesweit nicht alle Handwerkskammern so. Wie wird das in Düsseldorf gehandhabt? 

Manfred Steinritz:
Sie sagen das schon richtig. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem Rechtsstreit eines Antragstellers mit der Handwerkskammer Düsseldorf entschieden, das der Herrenhaarschnitt bzw. auch der Bartschnitt keine „Spezialtätigkeit“ des Friseurhandwerks darstellt und damit alleine kein Ausnahmegrund zur Meisterpflicht darstellt. Diese, von der Handwerkskammer Düsseldorf vertretene Auffassung, hat also das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt und wir handhaben das natürlich weiterhin so.

Theorie und Praxis: auch wenn es lt. Zulassung nur eine minderhandwerkliche Tätigkeit sein darf, 
in der Praxis wird geschnitten, gefärbt gewellt.  Etliche Barbershops haben ihre Tätigkeit auch auf den Damenbereich ausgeweitet. Wer ist hier für die Kontrollen zuständig? Warum passiert hier scheinbar so wenig?

Manfred Steinritz:
Tja, gegen gesetzwidriges Verhalten kann man natürlich wenig „Vorsorge“ betreiben. Selbstverständlich geht auch die Handwerkskammer Düsseldorf mit z.Zt. fünf Beschäftigten gegen illegal geführte Friseurbetriebe vor. Allerdings können wir nur Ermittlungen vornehmen, da wir nicht Verfolgungsbehörde im Sinne der Schwarzarbeitsbekämpfung sind. Dies müssen dann die Ordnungsämter durchführen. Also im „Stillen“ passiert hier doch so Einiges.

Die Friseur Innung Düsseldorf ist in diesem Bereich mit eigenen Ermittlern selbst aktiv, um das Schlimmste zu vermeiden. Immer wieder zeigt sich, das auffällig gewordene Betriebe denen eine Schließung droht, plötzlich eine/n  Meister/in finden und damit geöffnet bleiben dürfen.
Wie ist hier die rechtliche Situation?

Manfred Steinritz:
Auch hier können wir uns natürlich nur an die gesetzlichen Vorschriften halten. Wer einen Meister bzw. eine Meisterin beschäftigt kann selbstverständlich einen Friseurbetrieb betreiben. Allerdings muss dann auch der Meister/ die Meisterin im Betrieb sein. 

Beim näheren hinschauen wird sehr oft sichtbar, das Arbeitsverhältnis besteht nur scheinbar. Überprüfungen betreffs der Anwesenheitspflicht verlaufen – auch auf Grund der dünnen Personaldecke der Kontrollorgane – ins Leere.  Welche Möglichkeiten bleiben? Welche Konsequenzen drohen hier den „Vermietern:innen“? 

Manfred Steinritz:
Man kann natürlich nur im Rahmen des Möglichen Kontrollen durchführen und die Betriebe überwachen. Das machen wir mit unseren 5 Mitarbeitenden „zur Überwachung der korrekten Eintragung in die Handwerksrolle“. Eine flächendeckende und dauernde Überwachung ist nicht möglich und wäre auch rechtsstaatlich nicht zulässig. Schließlich können auch Straftaten nicht immer verhindert werden, auch bei einer noch so intensiven Vorbeugung. 

Selbstverständlich gibt es nur eine Eintragung in die Handwerksrolle, wenn eine ordnungsgemäße Betriebsleitung sichergestellt ist. Natürlich eingeschlossen die Anwesenheit des Betriebsleiters im Betrieb. Ein "Vermieten" der "Konzession" ist selbstverständlich nicht zulässig. 

Die damit einhergehende Falscheintragung in die Handwerksrolle stellt aus meiner Sicht eine sogenannte "mittelbare Falschbeurkundung", ein Straftatbestand, dar. Leider ist es oft so, dass die Strafverfolgungsbehörden dies nicht so sehen und keine Strafverfolgung vornehmen. Da bleiben wir aber immer am Ball.

Gerade vor zwei Wochen fand eine umfängliche Überprüfung von Friseurbetrieben in Düsseldorf durch das Ordnungsamt statt. 

Eigentlich wäre es notwendig, diese Arbeitsverhältnisse dahingehend zu überprüfen, ob die erforderlichen Lohnzahlungen für einen Meister erfolgen oder nicht. Wäre das in Kombination mit der neuen elektronischen Betriebsprüfung bei den Rentenversicherungen denkbar? Wer müsste hier aktiv werden? 

Manfred Steinritz:
Der Gesetzgeber müsste hier aktiv werden. Wir haben keine rechtliche Grundlage für die elektronische Überprüfung der Abführung der Sozialabgaben. Hier wäre wünschenswert, dass die Kammern einen Zugang zu den Daten der Rentenversicherung erhalten (Änderung des Schwarzarbeitsgesetze) 
Was wir allerdings machen ist, uns den Sozialversicherungsnachweis bzw. die Gehaltsabrechnung der angestellten Meister*Innen bei der Anmeldung zur Handwerksrolle vorlegen lassen.

Letztlich bietet sich ja auch die Möglichkeit, dass die Aussteller der Ausnahmebewilligungen selbst die Arbeitsverhältnisse überprüfen. Es zeigt sich, dass die gemeldeten Meisterinnen bereits nach kurzer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis entlassen werden, bei der Handwerkskammer aber gemeldet bleiben.

Die Obermeisterin der Friseurinnung Düsseldorf, Monika Schmitter, sieht es als sinnvoll an, die gemeldeten Meister*Innen   per Schreiben darauf aufmerksam zu machen, dass die Meistertätigkeit noch gemeldet ist und die betreffenden Personen damit in der Haftung sind…. Rückmeldung erwünscht!

Manfred Steinritz:
Sehr gerne würden wir so handeln, aber auch hier sind uns die Hände wegen fehlendem Personal und hoher Kosten gebunden. Denken Sie nur bitte daran, dass in der Handwerksrolle der Handwerkskammer Düsseldorf ca. 36000 Meisterpflichtige Betriebe eingetragen sind. Es wäre ein unheimlicher Aufwand, diese Betriebe bzw. Betriebsleiter regelmäßig anzuschreiben und auf Rückantworten zu hoffen. 

Wir sind also auf unsere Nachforschungen oder Hinweise aus der Bevölkerung oder von der Konkurrenz angewiesen, um „Schwarze Schafe“ ausfindig machen zu können und entsprechend die Ordnungsbehörden der Städte und Kreis informieren zu können. Im Übrigen kann man ja wie überall sagen „viele Hände erledigen die Arbeit schneller“. 

Daher arbeiten wir auch seit vielen Jahren mit Frau Schmitter und der Friseurinnung Düsseldorf eng zusammen und ergänzen uns in der Bekämpfung der unzulässig betriebenen Friseurbetriebe zum Wohle all der ordnungsgemäß geführten Betriebe.

 

 



 

 

 

 

 

 

 

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