Monat für Monat die gleichen betrüblichen Zahlen der Friseurbranche, man mag es schon nicht mehr hören oder lesen. Selber Friseur, gleichzeitig aber auch fachjournalistisch für diese Branche tätig, beschäftige ich mich natürlich auch mit Zahlen, Fakten, Hintergründen.
Die Entschuldigung:
'Die Verbraucher haben kein Geld', entlarvt sich im derzeitigen Konjunkturaufschwung als nicht richtig. Diese Erkenntnis ist nicht neu, waren in den vergangenen Jahren Markenartikel, hochwertige und hochpreisige Waren gefragt wie selten zuvor. Luxusrestaurants waren oft mehr gefragt als die Kneipe an der Ecke, zu buchen waren noch Hotels im Sauerland, Flüge auf die Malediven oder Bahamas waren ausgebucht.
Mit anderen Worten:
Das Verbraucherverhalten hat sich geändert. Geld ist genügend vorhanden, es wird nur anders ausgegeben. Der Blick in die Branche der Gastronomen macht es deutlich: Vor Jahren waren die Restaurants durchweg gut besucht. Für ein paar Mark servierte man ein paniertes Schnitzel, Sauerbraten oder Bratwurst mit Kartoffeln, zerkochtem Gemüse und dicker brauner Soße. Die Gäste waren durchweg zufrieden. Heute ist damit keine müde Mark mehr zu verdienen. Gefragt sind heute knackige Salate, frische Meeresspezialitäten und andere Feinschmeckereien, der Preis ist zweitrangig.
Fakten, die denen der Friseurbranche ähneln:
Dies belegt auch die Verbraucherumfrage zu der Kampagne 'Friseur in Aktion'. Eines von vielen Ergebnissen: 59 % der Kundinnen bekommen beim Friseur nicht das Frisurenergebnis welches sie sich wünschen. Es stellt sich die Frage: Können die Friseure nicht anders? Nein, ich denke es liegt eher am Wissen. Wie hat sich das Verbraucherverhalten geändert, was wollen unsere Kunden/innen von Heute. Dies hat mit Wissen, Lernen und Weiterbildung zu tun. In unserer schnelllebigen Zeit reicht es nicht mehr irgendwann die Meisterprüfung zu absolvieren, ein Geschäft zu eröffnen und dann die Hände in den Schoß zu legen.
Seminare von Heute beschränken sich nicht allein auf Anwendungsbeispiele und Inhaltsangaben diverser Verkaufsprodukte. Zeitgemäße Schulungen haben mit Kommunikation, Menschenführung, Beratung, Trends und Techniken zu tun. Aber wer geht schon hin? Wenn ich selber als Friseur in den vergangenen Jahren Seminare besuchte, immer wieder traf ich die gleichen Kollegen und Kolleginnen.
Offensichtlich sind die Zahlen der Weiterbildungsfreudigkeit nicht so schön sind wie es sich immer anhört. Bei Einstellungsgesprächen stelle ich grundsätzlich die Frage nach erfolgten Weiterbildungsmaßnahmen. Die Trefferquote liegt bei deutlich unter 10%. Kaum ein/e Bewerber/in welche in den letzten Jahren hier etwas getan hat. Da ich ja Nebenberuflich auch als Fachjournalist tätig bin, interessierte mich schon lange diese Differenz in der Aussage: Friseure sind Weltmeister in der Weiterbildung und der Realität im Markt. Die Umsatzzahlen des Friseurhandwerks widersprechen hier mehr als deutlich.
Wo liegt der Fehler ? Bringt Fortbildung nun eben doch nichts? Beim Versuch hier Licht in das Dunkel zu bringen wird es schwierig. Als Fachjournalist fragte ich nach bei Wella, L’oreal und Schwarzkopf: 'Wie viele Friseure nutzen das Seminarangebot der Industrie regelmäßig, wie viel % nutzen es überhaupt nicht ?'
Von keiner Firma erhielt hier eine klare Antwort:
Entweder sind solche Daten angeblich nicht bekannt (Wella und L’oreal) oder dürfen nicht herausgeben werden (Schwarzkopf).
So habe ich immer wieder gefragt und Gespräche geführt, zum Beispiel mit den Außendienstmitarbeitern der Industrie. Über diese werden die meisten Seminare gebucht. Stellt man diesen die Frage, wie viel % der Friseure regelmäßig und aktiv Weiterbildung betreiben so schwankt die Antwort zwischen 5% und 20 %. Das ist erschreckend mager, deckt sich aber mit meiner Erkenntnis. Es scheint so zu sein, dass es immer wieder die gleichen Friseure und Salons sind, die sich in die Riege der Bildungsfreudigen eintragen. Dies sind auch meist die erfolgreichen Friseursalons, die auch in den vergangenen mageren Jahren zum Teil zweistellige Zuwachsraten erzielten.
Selber habe ich den Wert von Mitarbeiterschulungen erst kürzlich zu schätzen gelernt, in Mark und Pfennig. Ende 99 eröffnete ich in Düsseldorf meinen zweiten Salon. Der Umsatz blieb Anfangs hinter meinen Erwartungen zurück. Verwöhnt von den Zahlen meines ersten Salons (22,8% Verkaufsanteil, 37% Farbanteil, DL Faktor 2,89) wurde ich nachdenklich und suchte nach Ursachen. Zwar hatte ich gute Fachkräfte für meinen neuen Salon gefunden, fleißig und motiviert, aber einiges stimmte nicht. Die Beratungen erfolgten nur kurz , mir fielen Kommunikationsprobleme auf, als Strähnentechniken waren nur Hauben und Foliensträhnen bekannt, die Frisuren waren mir zu altbacken.
Die heutige Kundin möchte nicht die Frisur wie vor 20 Jahren, sie möchte keine veralteten Haubensträhnen, sie will modern und aktuell beraten werden! Dazu gehören aktuelle Techniken wie American Colors oder Essentiell Looks.
So wurde der Außendienst der Industrie kontaktiert und gab eine Schulungsanfrage in die Schwarzkopfzentrale nach Hamburg weiter. Tage später meldete sich die Schulungsleiterin telefonisch bei mir im Salon, Termine und Schulungsinhalte wurden abgesprochen.
Als erstes erfolgte eine Schulung über moderne Frisuren, Farb- und Strähnentechniken (Essential Looks ) die Schwarzkopf mit umfangreichem Tools und Hilfsmitteln als Gesamtkonzept anbietet. Diese Schulung war gut und wurde von den Mitarbeitern interessiert aufgenommen. Dies brachte eine leichte Steigerung in den Dienstleistungsfaktor, zufrieden war ich jedoch noch nicht. Das Problem war die Beratung, das neu erlernte an den Mann / die Frau zu bringen.
Die Aussage:
'Wir haben hier etwas Neues für Sie“ hört die Kundin von morgens im Radio bis abends im Werbefernsehen. Das bringt nichts.
So wurde eine weitere Schulung abgesprochen die ganztägig Montags im Salon stattfand. Kein Problem für die Mitarbeiter, schließlich waren sie früh genug unterrichtet, der Zeitaufwand wurde wie tariflich vorgeschrieben 1:1 erstattet.
Die Themen hießen diesmal:
- aktives zuhören
- Wünsche erfragen
- falsches Werten
- eben alles rund um die Kommunikation.
Schon in den nächsten Tagen stieg die Zahl der Verkäufe von Waren und Dienstleistungen sprunghaft an. Auf Grund der vom Saloncomputer gespeicherten Daten lässt sich recht einfach eine Statistik erstellen. Schwarzkopf hatte mir zwei hervorragende Lehrkräfte geschickt, nicht nur ich war begeistert sondern auch mein ganzes Team. Was von diesem ebenfalls bekräftigt wird.
Astrid: 'Nach vielen Jahren habe ich meine Hemmschwelle beim Verkauf abgebaut. Die Informationen zur Wortwahl bei der Beratung waren wichtig.'
Petra, als Jüngste im Team meint: 'Die Thematik war mir zum Teil vorher bekannt. Trotzdem finde ich, dass auch solche Seminare für mich wichtig sind, da man zu schnell in eine gewisse Routine verfallen kann. Durch die Wiederholung wird man motiviert an sich zu arbeiten.'
Ein Blick auf meine Zahlen macht es deutlich. Ein deutlicher Anstieg in der Statistik der Dienstleistungsfaktoren zeigte den Erfolg jeder einzelnen Weiterbildung.
Jede Dienstleistung mehr bedeutet gleichzeitig mehr Geld in der Kasse, somit bringt mir jede Weiterbildungsmaßnahme einen Erfolg den ich auch in Mark und Pfennig rechnen kann.