Zur Artikelreihe in der TOP HAIR Business, die sich vor allem mit betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten auseinandersetzt, haben wir viel Resonanz erhalten. Dieser Artikel greift nochmals ein paar wichtige Gesichtspunkte auf, die in den Reaktionen immer wieder thematisiert wurden.
Die aktuelle Situation im Friseurhandwerk spiegelt sich auch in meinem Mail-Postfach und auf meinem Anrufbeantworter wieder: Mich erreichen zahllose Fragen rund um den Mindestlohn, den viele Unternehmen gerne zahlen wollen oder es schon tun. Thema sind auch immer wieder die Mitarbeiter, für die selbst niedrige Sollumsätze nicht zu erwirtschaften sind.
Der Wind in den Salons scheint rauer zu werden ...
Viele bewegen sich seit Jahren auf gleichem Lohnniveau, trotz Preisangleichungen sind die Umsätze nicht zu steigern. Umgekehrt melden sich auch Mitarbeiter und tun kund: „Mein Chef ist unfair, er meint, ich müsse schneller arbeiten und pro Tag 150 Euro mehr erwirtschaften!“ Auch auf der Mitarbeiterseite gibt es also viele Beschwerden und noch mehr Unverständnis über Forderungen des Chefs. Der Wind in den Salons scheint rauer zu werden ...
Der Mensch kommt vor dem Geld
Selber habe ich es immer mit dem Sprichwort gehalten: „Willst Du etwas ändern, fange bei dir an!“ Jeder, der schon einmal in anderen Branchen tätig war, bestätigt: Friseure und Friseurinnen sind anders! Aber was sind das für Menschen, die im Friseurhandwerk arbeiten? Einen ersten Aufschluss gibt bereits die Studie „Motivation und Karriereperspektiven“ von friseurjobagent.de.
Bei der Frage, welche Gründe zur Berufswahl Friseur geführt haben, geben 88 % den „Kontakt mit Menschen“ an, die Arbeitsbedingungen stehen mit 61 % an zweiter Stelle. Die Frage nach Geld ist längst nicht so wichtig, wie vielfach angenommen.
Genau das wissen wir auch: Gewinnstreben, nüchterne Zahlen oder knallharte Kalkulation stehen bei Friseuren nicht im Vordergrund - dafür eher soziale Komponenten: Kommunikation, Umgang mit Menschen, der Wille, anderen etwas Gutes zu tun und sie zu verschönern, menschliches Miteinander. Friseure arbeiten nicht in einer digitalisierten, sondern einer realen, greif- und fühlbaren Welt. Ihre Schlüsselqualifikation ist der „Umgang mit Menschen".
Es ist schon verblüffend:
Die meisten, der in Misskredit geratenen Friseurketten, werden nicht von Friseuren geleitet, sondern von nüchtern denkenden Betriebswirten.
In der Friseurbranche finden wir die verschiedensten „Figuren“. Manche Unternehmer präsentieren sich fast wie Bettler: „viel Arbeit und kein Geld“ oder aber auch wie Fürsten: „Ich habe das Sagen und sitze auf meiner Truhe voller (Schwarz)geld …“ Änderungen? Brauchen wir nicht!
Bei den Mitarbeitern ergibt sich ein ähnliches Bild: Zum einen das Aschenputtel, das sich mit einem eher bescheidenen Dasein in Lohn und Leistung zufriedengibt und auf den Prinz wartet, der da irgendwann Besserung bringen wird. Zum anderen gibt es auch die Prinzessinnen, oftmals schon länger im Job oder im Salon, oft mit einem guten Kundenstamm der Hauptumsatzbringer und daher unantastbar. Sie wissen ganz genau, was alles nicht geht und warum es nicht geht.