Samstag früh, ich fahre durch die Stadt als mir eine kleine Ansammlung von Menschen auffällt. Ein Friseursalon ist es, von welchem die Leute Schlange stehen. Der Grund ist auch ersichtlich: Männerhaarschnitt für knapp unter 10,- €uro. Ich trete auf die Bremse um ein Foto zu machen, denn Menschenschlangen vor einem Friseursalon, das ist in der heutigen Zeit eher Seltenheit. Die Salontür öffnet sich gerade und mir bleibt nur noch der Blick auf die letzten Personen beim hineingehen.
Einige 100 m weiter ein herkömmlicher Friseursalon, mit normalen Preisen. Auch er öffnet zur gleichen Zeit, doch der Salon ist leer. Dieser Inhabergeführte Salon muss pro Mitarbeiter und Stunde knapp 60 € erwirtschaften um Kosten zu decken und alle zu ernähren, das lässt keine 10,- Euro Preise zu.
Zurück zum ersten Salon. Inhaber ist Friseur Kasim S. Der Salon ist spartanisch eingerichtet, scheinbar eine gebraucht erstandene Einrichtung, wie man sie bei eBay für kleines Geld erwerben kann. Der Salon ist nur Tage-, beziehungsweise Stundenweise geöffnet.
Friseur Kasim S. lebt zusammen mit Partnerin Irmgard K., die ebenfalls einen Salon (und Zweitwohnung) im benachbarten Neuss besitzt. Tochter Beate K. hat ebenfalls ein kleines Friseurunternehmen im benachbarten Stadtteil. Die Realität zeigt: die gesamte Familie springt von einem Unternehmen zum anderen. Durch die verkürzten Öffnungszeiten steigt die Auslastung, es gibt kaum Leerlaufzeiten. So werden locker pro Stunde 5-6 Kunden bedient, man könnte auch sagen abgefertigt.
Der zur Kostendeckung notwendige Stundensatz, wird hier, im Gegensatz zum vorgenannten Beispiel, spielend erreicht.
ABER:
Da jeweils nur eine Person in jedem Unternehmen als tätig gemeldet ist, spart man nicht nur Personalkosten und Sozialabgaben, sondern die Aussage nicht mehr als 1.450 € im Monat zu erwirtschaften, befreit das Unternehmen von der Umsatzsteuer. Macht noch mal 19 % Ersparnis.
Sollte eine Kontrolle kommen…. dann war das grad mal eine Notsituation – viel zu tun, die anderen waren grad zufällig da…. oder wurden angerufen und um Hilfe gebeten.
Die Kunden sind glücklich, der Dumme ist der ehrlich arbeitende Friseur, dem die Kunden der Preise wegen davonlaufen.
Kunden können hier sparen, müssen aber sehr wahrscheinlich in einigen Jahren die Altersbezüge der Friseurfamilie mitfinanzieren. Dieses „geringe“ Einkommen wird nicht für eine ausreichende Altersrente reichen. 1.450,- (angegebener) Umsatz, da bleibt nach Abzug der Kosten das Existenzminimum, eventuell werden hier heute schon unterstützende Zahlungen gezahlt. Die Zahl der Unternehmer die Solche erhalten, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Auch das geht dann zu Lasten des Allgemeinwohls, wie auch die fehlenden Steuern und Sozialabgaben, die nicht geleistet werden.
Die Wertegemeinschaft“ der faire Salon“ hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Missstände und negative Entwicklungen in der Friseur Brtanche anzusprechen. Dieses ist ein Beispiel, welches für viele steht. Geiz ist nicht immer geil.