Die Zahl der Solo-Selbstständigen im Friseurhandwerk ist in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die von der Arbeitsagentur geförderten ICH AG’s, wie aber auch zahlreichen Ausnahmebewilligungen, rasant gestiegen.
Solo-Selbstständigkeit, das geht meist einher mit der Umsatzsteuerbefreiung als Kleinstunternehmer. Wer 2020 weniger als 22.000 Jahresumsatz verzeichnet, braucht nicht, wie alle anderen Mitbewerber, 19 % Umsatzsteuer abzuführen. (Bis zum 31.12.2019 lag die Grenze bei einem Jahresumsatz von brutto 17.500 €.
Mal eben 19 % gespart und als Gewinn verbucht, das ist wettbewerbsverzerrend und macht eine marktgerechte Entwicklung im Friseurhandwerk nahezu unmöglich.
Bereits im April 2012 hatte ich beim Petitionsausschuss des deutschen Bundestages eine Petition hierzu eingereicht und eine steuerliche Gleichbehandlung aller Betriebe gefordert. Das wurde mit zwei Gründen abgelehnt:
a) die Politik sah hier keinerlei Wettbewerbsverzerrung
b) müsse es jedem Unternehmer freigestellt sein, welchen Umsatz er erwirtschaftet (oder nicht)
Als besonders ärgerlich empfand ich die Verlautbarung des damaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble, der sagte, dass solche Kleinstunternehmen steuerlich nicht geprüft werden. Der personelle Aufwand ist rechnerisch (im Vergleich zu den zu erwartenden Strafen und Nachzahlungen) zu gering. Ein Freibrief!
Von Seiten der Politik gab es zu diesem Thema in den letzten Jahren viele Beteuerungen, aber ebenso viel Unwissenheit. So gingen beispielsweise viele Politiker davon aus, dass diese Umsatzsteuerfreigrenze nur für das erste Jahr einer Betriebsgründung gilt.
Die Kleinstunternehmer/innen melden sich selbst immer wieder zu Wort und sind entrüstet über das Unverständnis der restlichen Branche. Nun, so manches ist zu diesem Thema überlegenswert: das Handelsblatt hatte sich die erwirtschafteten Unternehmerlöhne einmal genauer angeschaut und kommt zu dem Schluss: unter Hartz IV Niveau! Somit muss man sich wirklich fragen, wie und vor allen Dingen warum, solche Existenzen bejaht und auch schöngeredet werden.
Die zu zahlenden Lohntarife, aber auch der Mindestlohn, sind aktuell höher als diese Einkommen der Solo-Selbstständigen. Die Altersarmut ist hier unausweichlich vorprogrammiert, Rücklagen, ein auskömmlicher Lebensstandard bis hin zu Versicherungen, all das wird fraglich!
Inzwischen ist dieses Thema bei Verbänden, aber auch der Politik angekommen. Jetzt haben der Zentralverband des deutschen Handwerks und der Deutsche Gewerkschaftsbund eine gemeinsame Erklärung zu dieser Situation herausgegeben. Bleib zu hoffen, dass sich hier recht bald etwas ändert!
Rene Krombholz