Ein Mindestlohn für das Friseurhandwerk ist schon lange gefordert, derzeit aktuell im Gespräch und wird wohl auch kommen.
Die ersten Gespräche sind erfolgt und sollen im April fortgesetzt werden. Dieses bestätigt auch die nachfolgende Meldung der Ver.di, welche ich von Dieter Schneider erhielt. Herzlichen Dank dafür.
Ein ehrbares Friseurhandwerk ist durch die Praktiken diverser Billiganbieter bundesweit in Verruf geraten. Mit ihren Billigpreisen erwirtschaften sie inzwischen gut 60% des Gesamtumsatzes der Branche, obwohl ihr Marktanteil (Zahl der Betriebe) nur rund 18% beträgt. Das führt bei den restlichen Marktteilnehmern zu einer wirtschaftlichen Schieflage. Die Branche musste seit der Jahrtausendwende mehr als 30.000 Arbeitsplatz abbauen.
Die Mitarbeiter bei vielen Discountern arbeiten im Akkord. Knappe Zeitvorgaben und hohe Umsatzvorgaben sind an der Tagesordnung. Diese niedrigen Preise werden bekanntlich nicht durch Einsparungen am eigenen Gewinn erreicht, sondern durch ein anderes Konzept.
Besonders günstige Einkaufsmöglichkeiten da Großabnehmer, Null Service, genau wie bei Billigfliegern, das schafft nur geringen Spielraum. Richtig gespart wird bei den Personalkosten.
Wir hören von krassen Umsatzvorgaben, teilweise soll das 4,4fache des Bruttolohns erwirtschaftet werden, selbst bei zwölf Euro Preisen!
Ein Umsatz/Lohnfaktor der in dieser Höhe eher Friseuren der gehobenen Kategorie vorbehalten ist.
Mitarbeiter, die dieses nicht schaffen, werden in Arbeitszeit und Lohn zurückgestuft. Aktuell auch z.B. in Nordrhein-Westfalen, obwohl hier ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag vorliegt. Die Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeit mit weniger Lohn, kann keinem Unternehmen verwehrt werden. Hier schafft auch kein Mindestlohn Abhilfe! Nehmen Arbeitnehmer diese Änderungskündigung nicht an, gilt das bei der Agentur für Arbeit als „selbstverschuldet" und kann mit Leistungsentzug geahndet werden.
Der Einwand: dort muss keiner arbeiten, ist so nicht richtig! Wichtig für die Agentur für Arbeit ist ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis, egal wie die Lohnhöhe aussieht oder ob ergänzende Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen. Wer hier die Arbeitsaufnahme ablehnt, hat mit Sperre der Leistungen zu rechnen.
Betriebe die gut ausbilden, gute Mitarbeiter fair bezahlen, haben seit Jahren deutlich das Nachsehen. Nicht alle Unternehmen sind wirtschaftlich dazu in der Lage. So werden „Zwischenlösungen" gesucht. Arbeitsverhältnisse, die nicht richtig gemeldet sind und auch „bar" entlohnt werden scheinen keine Seltenheit mehr zu sein. So tauchen bei Vorstellungsgesprächen immer wieder Bewerber auf, die nur mit der halben Arbeitszeit gemeldet werden möchten (um aufstockende Leistungen zu beziehen) aber Vollzeit arbeiten und die restlichen (nicht gemeldeten) Stunden unter der Hand kassieren möchten. Unternehmen, die diesen Praktiken nicht folgen, haben das Nachsehen.
Auch nicht unerheblich ist die Vielzahl früherer Mitarbeiter, die ihre Hartz IV Leistungen durch zusätzliche Tätigkeit im „Home Service" aufbessern. Der Hartz IV Regelsatz von 345 € plus gezahlter Miete und Nebenkosten, plus jeden Tag 2-3 Haarschnitte... das ist deutlich lohnenswerter und leichter als tagtäglich im Salon zu stehen.
Nachdenken darf man auch über die mehr als 25.000 Kleinstbetriebe die angeblich im Monat weniger als 1.458,- €uro Umsatz erwirtschaften und deshalb von der Umsatzsteuer befreit sind. Für die restlichen Marktteilnehmer bedeutet dieses eine Wettbewerbsverzerrung, die sie zu Lasten ihrer Preisgestaltung hinnehmen müssen. Ob diese Umsatzangaben richtig sind, wird kaum überprüft. Die Frage muß gestattet sein , wie und wovon solche Unternehmer ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Der Mindestlohn als einen ersten Schritt. Die Initiative „Der faire Salon" und meine Berichterstattung haben sicher einen Teil dazu beigetragen. Es werden aber noch weitere Schritte folgen müssen, soll das Friseurhandwerk die Balance wiederfinden. Das schlechte Image und die Schieflage des Friseurhandwerks sind durch eine - relativ kleine - Gruppe von Anbietern verursacht worden. Diese werden über einen Mindestlohn eher lächeln, die Preise etwas anheben und weiter Stunden kürzen.
Dieser „erste Schritt" Mindestlohn kann nicht alles beseitigen , was ethisch und moralisch bedenklich, aber gesetzlich durchführbar ist. Darum lade ich alle ein, über die weiteren (notwendigen) Schritte nachzudenken. Man soll den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun... aber der Mindestlohn kommt (voraussichtlich) erst 2015, darum gilt es jetzt schon darüber nach zu denken, in welche Richtung es weitergeht.....
Eines sollten wir auf jeden Fall jetzt schon tun: klar bekunden das längst nicht alle Friseure ihre Mitarbeiter mit Dumpinglöhnen abfertigen, das man im Friseurberuf sehr wohl gutes Geld verdienen kann... wenn die Leistung stimmt. Letzteres geht auch in Richtung Mitarbeiter.
Und mit WIR meine ich die Teilnehmer der Initiative „Der faire Salon" aber alle anderen auch.
Rene Krombholz
Hier die Meldung der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di
Mindestlohn-Verhandlungen im Friseurhandwerk Erste Sondierung erfolgreich
19.02.2013
Gestern trafen sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Tarifgemeinschaft des Zentralverbandes des deutschen Friseurhandwerkes in Hannover erstmals zu Sondierungsgesprächen für Optionen eines branchenweiten Mindestlohnes für das Friseurhandwerk.
„Die Gespräche fanden in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre statt. Alle Landesverbände des Friseurhandwerkes sehen die Notwendigkeit, einen branchenweiten Mindestlohn zu verhandeln", betonte ver.di-Verhandlungsführerin Ute Kittel am Dienstag in Berlin. Die Frage sei jetzt nicht mehr ob, sondern wie ein Mindestlohn für die Branche zu gestalten sei.
„ver.di will erreichen, dass es bis 2015 gelingt, das Mindestentgelt im Friseurhandwerk so zu entwickeln, dass die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten nicht mehr auf Aufstockungsleistungen angewiesen ist'1, sagte Kittel. Das ginge jedoch nicht nur die Unternehmer an, sondern auch die Kundinnen und Kunden, die sich darauf einstellen müssten, dass mit einem Branchenmindestlohn das Ende der Ära .Billig will ich* eingeleitet werde. „Die Dienstleistungen des Friseurhandwerkes haben einen Preis, den künftig nicht mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch unhaltbare Löhne subventionieren: Fairen Löhnen folgen dann auch faire Preise'1, so Kittel.
Die Tarifverhandlungen werden im April aufgenommen.