Der Name „Wild“ ist kein Unbekannter in Seeheim-Jugenheim, wo auch die Wild Beauty AG ihren Sitz hat. Der Name steht vor allem für ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen und eine Familie mit individuellen, bodenständigen Charakteren. Unser 20-jähriges Jubiläum war Anlass für ein persönliches Interview mit den Wilds.
Reinhold, wie kommt man als Jurist zur Friseurbranche?
Reinhold Wild: Auch in der Kosmetikindustrie gibt es arbeitsrechtliche Fragen zu klären. Über diese Schiene kam ich nach dem Studium in Branche und später zur Selbstständigkeit.
Was ist Dein persönliches Highlight aus 20 Jahren Wild Beauty?
Reinhold Wild: Ich erinnere mich da an die erste Messe, auf der wir mit Paul Mitchells waren. Wir hatten einen 12 qm-großen Stand neben Wella, die eine riesige Bühne mit rotem Teppichboden hatte. Wir haben uns tapfer behauptet und ich sage aus Spaß immer: „Auf dieser Messe haben wir „aus Mitleid' die ersten Aufträge bekommen."
Was wünschst Du Dir für die Zukunft der Firma?
Reinhold Wild: 8.000 Kunden, 50 Millionen Euro Umsatz und dass ich noch lange fit bleibe - am liebsten, bis ich meine Enkel noch in den Kindergarten bringen kann.
Kristina, wie hast Du die Gründung der Wild Beauty - aus Sicht der Ehefrau und Mutter - erlebt?
Kristina Wild: Nachdem Reinhold bei Goldwell ausgeschieden war, hoffte ich, dass nun eine ruhigere Lebensphase beginnt. Aber nach einer sehr kurzen Familienzeit wurde die Wild Beauty AG gegründet. Zu Beginn habe ich mich gegen diese Entwicklung gestemmt, zumal ich als Aufsichtsratsvorsitzende auch noch unerwartet einen Posten bekam. Aber heute bin ich dankbar dafür und es erfüllt mich mit großer Freude, dass ich meinen Teil dazu beitrage, einen Familienbetrieb mit Seele zu führen. Das war und ist mein Anspruch.
Wie hast Du den Einstieg Deiner Kinder in die Wild Beauty erlebt?
Kristina Wild: Noahs Einstieg habe ich als dramatisch wahrgenommen. Reinhold hatte Ende 2004 einen Schlaganfall und es war unklar, wann oder ob er die Firma weiter mit voller Kraft würde führen können. So hatten wir nicht nur die Not, in der Familie mit diesem Schicksalsschlag klarzukommen, sondern trugen auch noch Verantwortung für die vielen Arbeitsplätze. Mit knapp 19 Jahren traf Noah die mutige Entscheidung, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Bei Mira kam der Einstieg durch die Hintertür: den Journalismus. Nach ihrem Praktikum bei der FAZ (Frankfurt Allgemeine Zeitung) wollte Frank Schirrmacher sie gerne abwerben und wir glaubten, sie schon für die Firma verloren zu haben. Nach ihrem Studium hat Mira jedoch eine „Rundreise" durch die Wild Beauty AG gemacht, um alle Abläufe einmal kennenzulernen. In der Kommunikationsabteilung hat sie schließlich ihre Passion gefunden.
Wo seht Ihr Euch in 20 Jahren?
Noah Wild: Wir werden eine komplett vegane Kantine in der Wild Beauty haben.
Reinhold Wild: (lacht) Vor dem Seeheimer Schwimmbad steht dann eine Büste von mir.
Mira Wild: Wir haben auf jeden Fall den ersten voll-elektrischen Fuhrpark der Branche.
Kristina Wild: Wir werden weiterhin friseurtreu sein und ich traue uns zu, den einen oder anderen Mitbewerber überholt zu haben. Natürlich hoffe ich, dass beide Kinder die Zügel fest in der Hand halten.
Noah, was ist Deine erste Erinnerung an die Wild Beauty AG?
Noah Wild: Die Gründung der Firma war bei uns im Garten - Reinhold sollte anfangs „nur" die Gallionsfigur sein. Heute bin ich der Meinung, dass er in der Gründungszeit noch viel mehr gearbeitet hat als zu Goldwell-Zeiten. Es wurde noch stressiger, noch anstrengender und für uns als Familie noch kritischer, weil wir in dieser Zeit mehr als einmal finanziell mit dem Rücken zur Wand standen. Diese schwierige Zeit war für mich - und ich denke auch für Mira - prägend. Wir würden nicht so leidenschaftlich arbeiten, hätten wir es von zu Hause nicht so kennengelernt.
Mira, wann wurde Dir klar, dass nicht jeder Eltern mit einer eigenen Firma hat?
Reinhold Wild: Soll ich kurz raus gehen?
Mira Wild: Was meine Eltern betrifft, würde ich nicht sagen, dass Sie „anders" sind, sondern dass sie vor allem spannender sind. Sie haben mir viel mitgegeben für mein späteres Leben. Dass die Wild Beauty AG etwas Besonderes ist, wurde mir klar, als ich andere Firmenstrukturen kennenlernte.
Noah Wild: Was waren denn Deine Erfahrungen in anderen Unternehmen?
Mira Wild: Klassisches Beispiel: Egal wo ich war - nach zwei Tagen hatte ich immer einen Firmenschlüssel, weil ich die Erste war, die kam und die Letzte, die ging. Sätze wie: „Hier macht man nur so viel wie man muss" waren normal - und das geht absolut gegen meine Überzeugung!
Durch die zusätzliche Aufnahme von Kemon neben Paul Mitchell ist die Wild Beauty AG in einer spannenden und interessanten Aufbruch-Phase. Wie stellst Du Dir in dem Zusammenhang die Zukunft vor?
Mira Wild: Ich versuche immer, unser Unternehmen relativ neutral auch von außen zu betrachten. Deshalb war bei mir der Wunsch nach einem zweiten Standbein schon länger vorhanden. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein, ökologisches Handeln und Denken immer bedeutender werden. Für mich ist es deshalb eine sehr wichtige und positive Entwicklung, dass wir uns mit Kemon breiter aufstellen und einen tollen Distributionspartner haben, der diese Prinzipien wie wir mit vollem Herzen vertritt.
Noah Wild: Ich finde es wichtig, mit sympathischen Menschen zusammenarbeiten zu können. Familie Nocentini ist dies im Besonderen für mich. In dritter Generation kommt geballte Frauen-Power auf uns zu: Die älteste Tochter hat Marketing studiert, die anderen beiden studieren gerade Biologie und Chemie. Da muss ich mich ranhalten - nicht nur für Reinhold.