Es geht mir um die Generation Z, als problematisch angesehen, angeblich schwierig und unbelehrbar, nicht berufstauglich.
Aktuell 50 % weniger Auszubildende im Friseurhandwerk
Von vielen Unternehmer/innen im Friseurhandwerk hört man aktuell: wir wollen nicht mehr ausbilden. Als Grund werden solche, wie oben genannte, Eigenschaften angeführt.
Ob diese, angeblich so unwillige Generation wirklich nicht berufsgeeignet ist, bezweifle ich.
Meiner persönlichen Meinung nach, dürfte auch der Mindestlohn für Auszubildende oder die derzeit gestiegenen Ausbildungsvergütungen einen großen Anteil an diesen Entscheidungen haben.
Auszubildende, die nicht am Kunden arbeiten, bringen kein Geld. Dem entgegen stehen Kosten In Höhe von über 800,- Euro im dritten Lehrjahr (NRW). Das verkraften viele Betriebe nicht mehr, da sie vielfach schon keinen ausreichenden Gewinn für die Unternehmer/innen abwerfen.
Darüber redet man nicht, aber hier zeigt sich das wahre Problem dieser Branche.
a) Die Unkenntnis kaufmännischen Anforderungen folgend die Preise zu kalkulieren aber auch
b) diese im Markt durchzusetzen. Durch die von Kleinstunternehmen verursachte Wettbewerbsverzerrung ist hier das weitere Problem.
Die Generation Z betritt jetzt das Arbeitsleben
Das sind die Jahrgänge ab 1995. In vielen Erhebungen, allen voran der bekannten Shell Studie, finden wir Überraschendes - was zu den vorherigen Aussagen nicht passt.
Die Generation Z wurde in die Welt der elektronischen Medien hineingeboren. Das Internet hat hier, neben Eltern, Schule und gegebenenfalls auch Kirche an der Erziehung mitgewirkt.Die Fülle an Wissen und Informationen, die ungefiltert auf diese Jugend herniederprasseln, haben in der Persönlichkeitsentwicklung massiv Einfluss genommen.
Es ist längst nicht mehr die Jugend, die den Gedanken der Autoritäten und Erziehungsberechtigten blind folgt, sondern vieles hinterfragt und auch einfordert.
Die Welt ist nicht sicher….
Krisen waren diesen Heranwachsenden in jeder Phase gegenwärtig, die Finanzkrise im Jahr 2007, Umweltkatastrophen, Fukushima, der Anschlag auf das World Trade Center, Irakkrieg bis hin zu Corona. Anders als vorherige Generationen ist dieser Jugend die Unsicherheit dieser Welt bewusst. Hieraus resultiert ein großes Sicherheitsbedürfnis.
Das erwartet diese Generation in der Arbeitswelt:
Der Shell Studie folgend ergibt sich eine Prioritätenliste mit Erwartungen an die Berufstätigkeit.
1) sicherer Arbeitsplatz
(die Arbeitsplätze im Friseurhandwerk sind keineswegs sicher, viele Salons veraltet, unattraktiv und
von Insolvenz bedroht)
2)Möglichkeiten sich und Ideen einzubringen
(wird von zu vielen Chefs unterbunden und die Jugend nicht ernst genommen)
3) sinnvolle Tätigkeiten
(sich mit den nassen Haaren der Kunden zu beschäftigen wird mit Sicherheit nicht als sinnvoll
angesehen. Wenn man den jungen Menschen aber aufzeigt, welchen Einfluss sie mit ihrer Arbeit
auf die Menschen haben und welche Verantwortung das bedeutet kann durchaus mit einem
modifizierten Berufsbild eine sinngebende Tätigkeit abgeleitet werden.)
4) genügend Freizeit
(die Work Life Balance ist in aller Munde. Bäcker gehen derzeit von der Nachtarbeit weg, weil junge Menschen das nicht mehr wollen, auch das Friseurhandwerk hätte hier Möglichkeiten.)
5) nützliches für die Gesellschaft tun
(statt „wir schneiden Haare ab“ müsste es heißen: „wir verschönern Menschen und sorgen dafür
das diese sich über Wochen wohlfühlen!“ Gibt es ein direkteres soziales Engagement?)
6) Anerkennung
(solange es heißt „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ wird dieses ein Problem bleiben)
7) gute Aufstiegsmöglichkeiten
(ja natürlich, bis zur Selbstständigkeit)
8) gutes Einkommen,
(während die Frage des Einkommens im Friseurhandwerk hoch diskutiert wird, findet sie sich in
dieser Skala erst auf Platz 8. Im Grunde kann jeder durch seine Leistung sein Einkommen selbst
bestimmen. Wenn das Unternehmen es zulässt. Es gibt durchaus Betriebe in welchen über 3.000,-
€ im Monat verdient werden … zzgl. Trinkgeld. Aber das ist (leider) noch nicht die Regel.)
9) Kontakt zu anderen Menschen
(Die Kontakte zu anderen Menschen, ein großes Plus im Friseurhandwerk)
10) Möglichkeit sich um andere zu kümmern
(das was den Alltag ausmacht)
11) das Gefühl etwas zu leisten
( Das Gefühl etwas geleistet zu haben erlebt man bei jedem zufriedenen Kunden)
Dieses Skala verblüfft. Eigentlich müsste das Friseurhandwerk hier die Nase vorn haben. Viele der Anforderungen sind vom Berufsbild hergegeben, an anderen kann und sollte der Ausbilder arbeiten.
- „Gute Zusammenarbeit zwischen den Generationen funktioniert nur auf Basis einer gemeinsamen Werteskala“ das war das Ergebnis einer großen Studie eines DAX Konzerns.
Die favorisierten Wertbegriffe der Generation Z sind
- Gesundheit inbegriffen Work Life Balance
- Freiheit inbegriffen sinnvolles Handeln / sich einbringen / Selbstverantwortung
- Freundschaft inbegriffen Loyalität – aber Autorität wird hinterfragt ob glaubhaft
- Gerechtigkeit inbegriffen Wertschätzung und Anerkennung
- Familie inbegriffen Freizeit, Interessensaustausch, Verständnis
Umfragen zeigen ,dass sich die Generation Z insbesondere durch Aspekte im sozialen Bereich gewinnen lässt. Die Unternehmenskultur (Salon Klima, Rückhalt im Team) werden attraktiver bewertet als viele anderen Angebote.
Nein, ich sehe die Generation Z nicht als Ende – sondern eher als Neuanfang.
Diese Generation bringt so vieles mit, was wir zum Erfolg im Salonalltag und ein anderes Image unseres Berufes benötigen.
Wir müssen es nur entdecken …. Mit Wertschätzung und auf Augenhöhe.
Viel Erfolg dabei!
Rene Krombholz