Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

BRANDBRIEF einer Friseurin

Eine Friseurin über DAS, was Mitarbeiter/innen unzufrieden macht!


Was tun, wenn im Salon wenig zu tun ist und der Urlaub der Mitarbeiter aufgebraucht ist?  So die heutige Frage eines Friseurunternehmers in Facebook. Offensichtlich müssen Mitarbeiter dieses Salons in Leerlaufzeiten Urlaub nehmen und nach Hause gehen. 

Eindeutig gesetzeswidrig: Arbeitgeber dürfen Urlaub nur unter den Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 BurlG einseitig anordnen. Dafür müssen dringende betriebliche Belange vorliegen. 
Nicht ausreichend für die Anordnung von Zwangsurlaub sind kurzfristiger Auftragsmangel. Das sogenannte Betriebsrisiko darf nicht durch einseitige Urlaubsanordnung auf Arbeitnehmer abgewälzt werden

Aus diesem Chat heraus kontaktierte mich eine Mitarbeiterin eines weiteren Salons und äußerte ihre Unzufriedenheit in diesem Job. Meiner Bitte, einmal zu schildern was sie so unzufrieden sein lässt, kam sie prompt nach und schickte mir diesen 

BRANDBRIEF

Anmerkung dazu: Derzeit sucht die Mehrzahl der Salons händeringend Personal. Leider vergeblich.
Gleichzeitig zahlen die Bundesbürger Monat für Monat an die 10.000.000 €uro für rund 30.000 arbeitslose Kollegen/innen, die wohl aus ähnlichen Beweggründen lieber den Salons fernbleiben und sich nicht einmal bewerben. Persönlich denke ich, es wird Zeit, sich einmal mit den Gedanken, Vorstellungen und Wünschen der Mitarbeiter auseinanderzusetzen, einfach das Gespräch suchen. Transparenz, Aufklärung und Wertschätzung sind gefragt! 

Fast jede Woche neue Botschaften in der Fachpresse über die schlechte wirtschaftliche Lage der Frisöre. Wir Mitarbeiter, als ausführendes Organ, müssen uns wieder und wieder anhören wie schlecht die Lage ist und somit unsere Arbeitsplätze latent immer am Rand des Abgrunds stehen. Uns wird anhand von Aufrechnungen des Betriebs - der Lohnkosten vorgerechnet wie viel der Betrieb an Verlust macht, bestenfalls was er an Gewinn macht. Wir müssen den Berechnungen, die man uns darlegt, glauben. 

Der Druck den" MUSS" Umsatz zu erreichen ist für viele meiner Kollegen ernorm, psychosomatische Krankheiten sind daher keine Seltenheit mehr.

Kunden werden nicht mehr in Ruhe und mit Geduld intensiv beraten und individuell bedient, obwohl wir es nach Aussage unserer Vorgesetzen tun sollten, sind sie zu Geldmaschinen geworden damit der Umsatz stimmt. 

Viele Betriebe sind nicht einmal ausreichend ausgestattet, in vielen Betreiben fehlen ausreichend Handwerkszeug und wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage werden auch keine Neue angeschafft.  Ich habe das Gejammer gründlich satt. 

Eine Aktion jagt die andere, hier das Sonderangebot hier die neuesten Farbtechniken, Umformung, Sonderaktionen, Gutscheine, Rabatte uvm.  Von uns wird verlangt das wir neben unserer Arbeit die mittlerweile selten ein acht Stundentag ist, uns selbstverständlich weiterbilden, das wir die Fachpresse lesen, uns am Markt orientieren im Trend liegen, mit unserem Wissen und Können und das wir auch selbst danach aussehen was gerade Trend ist

Uns wird vorgeschrieben welche Arbeitskleidung wir tragen, wir müssen das aber selbst von unserem Gehalt erwerben. 

Noch eine Wahrheit ist, sollten wir mehr Gehalt bekommen müssen entweder die Preise für die Kunden erhöht werden und sie kommen dadurch seltener dann ist wieder unseren Arbeitsplatz gefährdet ..

Ich stelle mir die Frage, lt. Fachpresse, Modezeitschriften, Dokumentationen im Fernseher, sind unsere Kunden modisch bewusst, informiert was Trend ist. Jaaa theoretisch schon. 
Doch wir müssen die neuen Trends alltagstauglich fertigen. 
Auch heute kommen unsere Kunden und ihre Vorstellungen sind oft meilenweit von dem entfernt was machbar ist, die Presse suggeriert das alles machbar ist, die fachliche Kompetenz des Frisörs höchstens nicht ausreicht. 

In den Medien ändern die „Stars" in einem enormen Tempo Form und Farbe ihrer Frisur, immer neue Trends, die Aufklärung das es sich dabei um Haarteile Perücken und ähnlichem handelt bleibt verborgen, darüber berichtet die Presse nicht. Wir aber haben damit zu kämpfen, denn die Presse beschreibt die Trends so, als würde jeder Trend auch zu jeder Kundin passen. 

Keine Individualität. Der Jugendwahn ist zum Selbstläufer geworden, viele Kunden erwarten das wir mit dem wenigsten Aufwand eine Veränderung herbeiführen, die nicht nur dem Trend entspricht, sondern auch für den Kunden selbst zu Hause einen minimalen Aufwand bedeutet. In Film und Presse sieht es aus als müssten wir selbst beim Hausputz, wenn wir morgens unausgeschlafen aus dem Bett steigen, frisch munter und vor allen Dingen gut gestylt aussehen. 

Eine Kundin die bei mir einen Termin hat, wird aufrichtig fachlich kompetent, selbstverständlich freundlich und psycho-sozial beraten. 

Außer das ich auf diesem Weg heraus finde welche Wünsche die Kundin hat und welche davon durchführbar sind, erklärt sie mir wie unzufrieden sie bei einem meiner Berufskollegen im Betrieb ABC war, das der/die Kollege(in) nicht in der Lage war sie zufriedenzustellen und das es zudem unglaublich teuer war. 

Ich gebe wie immer mein Bestes und siehe da...die Kundin ist glücklich, die Frisur, die Farbe, die empfohlene Pflege, die Styling-Produkte alles perfekt und der Preis stimmt auch. Super auch für mich, glückliche zufriedene Kunden machen dann mich glücklich. 

Was aber ist mit der Kundin die nicht sehen kann, das zwischen ihren Wünschen und dem Machbaren das Unerfüllbare schlummert? Selbst dann, wenn das „Best Machbare erreicht worden ist, aber die Vorstellung der Kundin nicht erreicht wurde, wird sie das genau gleiche Gespräch mit einem anderen Kollegen in einem anderen Berieb führen. 

Aufgeklärte Kundschaft automatisiert nicht zufriedene Kundschaft. 

Ich kann meinen Chef verstehen er möchte seine Kunden an den Betrieb binden und das geht tatsächlich nur wenn sein Personal informiert, innovativ, gut geschult und motiviert ist um mit ihm an einem Strang zu ziehen.  Neue Techniken in Schnitt Farbe und Form sind ein „Kann" nicht ein „Muss". 

Ein kreativer Friseur ist ein Künstler, das wird gerne vergessen. 

Ich persönlich habe noch nie davon gehört, dass ein guter Maler, Komponist Bildhauer, eine Kreation genau wiederholen kann. Auf der eine Seite sollen wir kreativ sein und dann wieder Handwerker. So lange unsere Vorgesetzten sich nicht einig sind ob sie Kreativität oder  Individualität den Vorrang geben bleiben wir Handwerker.

Wenn wir unseren Kunden psycho-sozial und sogar empathisch begegnen sollen, darf man uns nicht genau diese Attribute nehmen und unsere Leistung am Umsatz festlegen. Das macht unfrei. 

Jeder von uns hat besondere psycho-soziale Fähigkeiten besitzt dabei noch besondere handwerkliche Fähigkeiten, ist kreativ und nur die Zufriedenheit unsere Kunden entscheidet wie gut wir sind. 

Wirtschaftlich haben wir eine große Verantwortung, wir sind gefordert unsere Kunden an uns zu binden damit sie wieder kommen. Doch wenn der Druck zu Groß ist, spüren das unsere Kunden und sie fühlen sich nicht individuell behandelt und kommen nicht wieder. Da beißt sich der Fuchs in den Schwanz. 

Was ist also zu tun? Der Graben zwischen wirtschaftlichem und kreativem Handeln scheint schwer zu überwinden. Ist unseren Chefs nur die wirtschaftliche und uns Frisören die kreativ­handwerkliche Verantwortung zuzuschreiben oder besteht die tatsächliche Möglichkeit die Verantwortung gemeinsam zu tragen. Das sollte erstrebenswert sein!

Denn schließlich verfolgen wir alle das gleiche Ziel. Wir wünschen uns zufriedene Kundschaft, zufriedene Chefs und wir selbst wollen auch zufrieden sein. Da hilft nur Offenheit, Transparent, Vertrauen, positives Denken und handeln, das sind wir nicht nur unseren Kunden schuldig, sondern uns selbst. 

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