Als digitale Zeitschrift anerkannt: Deutsche Bibliothek Berlin - Frankfurt - München - ISSN: 2190-9873 Letzte Aktualisierung: 18.04.2024

Alle in einem Boot

TOP HAIR 4 / 2012


Eines muss Ihnen ganz klar sein: egal ob Chef, Auszubildender oder Mitarbeiter, alle befinden sich in einem wirtschaftlichen Unternehmen. Nicht nur dieses; alle sind voneinander abhängig, oder positiver ausgedrückt: alle sitzen in einem Boot und sollten auch das gleiche Ziel haben. Rudert einer zu langsam oder in eine andere Richtung, kommt das Boot ins trudeln, alle Insassen verfehlen ihr Ziel oder kommen verspätet an.

Ins Wirtschaftsleben übersetzt gibt es als wichtigstes Ziel nur eines: es muss genügend Umsatz erarbeitet werden um die entstehenden Kosten zu decken und darüber hinaus einen Gewinn zu erwirtschaften. Und hier befindet sich das Friseurhandwerk in einer ganz fatalen Situation: die Umsatzzahlen stimmen in den meisten Betrieben schon lange nicht mehr.

In den letzten 10 Jahren hat die Zahl der Friseursalons dramatisch zugenommen, das bedeutet nicht nur das der einzelne Salon weniger Kunden und damit weniger Umsatz zur Verfügung hat sondern noch schlimmer: die Bevölkerungszahlen in der BRD sinken, viele Kunden sind zudem nicht mehr mobil oder in den Markt der Schwarzarbeit abgewandert.

Wie soll eine Friseurin also heutzutage ihren notwendigen Umsatz erwirtschaften, der nötig ist um den Arbeitsplatz zu finanzieren und einen Lohn in mindestens tariflicher Höhe zu zahlen?

Genau hier wird es haarig, nicht nur weil es ein Friseurbetrieb ist! Vielfach fehlt es an dieser Stelle bereits an der Grundeinstellung die nötig ist um ein Boot, eine Mannschaft oder ein Salonteam auf Erfolgskurs zu halten:

„Was interessiert mich Ihr Umsatz? Ich bin jeden Tag meine vereinbarten Stunden hier und dafür will ich meinen Lohn!“ diesen Satz bekam ich selber vor wenigen Monaten von einer Mitarbeiterin zu hören. Es war notwendig geworden ein Gespräch zu führen, eben weil die Umsatzzahlen nicht stimmten.

Hier zeigt sich eine der Schwächen dieser Branche: seit Jahrzehnten wurde über den Bedarf hinaus ausgebildet, wer schulische Schwächen spürte, fühlte sich oft bei handwerklicher Arbeit besser aufgehoben. So ist es nicht verwunderlich das ein Großteil der Beschäftigten von wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Zusammenhängen keinerlei Ahnung, dafür aber viele Vorurteile hat, so wie „jeder Chef muss reich sein!“

Die Ausgangssituation werden Sie oder ich nicht ändern können, aber es gilt die Weichen für eine erfolgreichere Zukunft zustellen. Bedeutet nichts anderes als Wissen welches den Mitarbeitern fehlt zu vermitteln. Das ist Aufgabe des Chefs! Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern über notwendige Umsätze! Erklären und begründen Sie diese und zeigen Sie Wege und Möglichkeiten ( über die wir noch sprechen werden) auf.

An dieser Stelle ist mir bewusst, wie viele Saloninhaber/innen allein im letzten Jahrzehnt einfach in die Selbstständigkeit gerutscht sind. Dabei denke ich an das erforderlich kaufmännische Wissen, es ist altbekannt: in der Friseurbranche fehlt es zu oft!

Was nicht bedeuten kann es bei dieser Erkenntnis zu belassen! Als Unternehmer müssen Sie wissen was Ihre Zahlen Ihnen sagen, Ihr Banker kann daraus vieles ableiten, der Steuerprüfer vom Finanzamt übrigens auch!

„Was brauche ich betriebswirtschaftliche Auswertungen, wofür brauche ich einen PC?“ fragte mich vor wenigen Jahren ein Kollege. Heute weiß er es: nach vier Jahren Selbstständigkeit war er Pleite.

Wir müssen es nicht schönfärben: die Zahlen in den Salons stimmen vielfach nicht. Das wird geduldet und der eine oder andere Haarschnitt am Finanzamt vorbei, sichert das tägliche Leben.

Allein die Zahl von rund 25.000 Friseurbetrieben, die einen Umsatz unter 17.500 €uro pro Jahr ( sind 1.500 €uro im Monat) melden, ist fragwürdig. Sicherheit, notwendige Ressourcen für Weiterbildung, Werbung oder andere Investitionen schafft sich damit aber niemand.

Verblüfft war ich kürzlich als eine neue Mitarbeiterin top arbeitete, die Kundin aber schon in Sichtweite der Kasse verabschiedete und ging. Die Erklärung dafür war recht einfach: bei ihrem früheren Arbeitgeber war das so vorgeschrieben, Kein Mitarbeiter durfte in die Nähe der Kasse kommen, niemand durfte sehen was oder wie kassiert wurde! Das spricht Bände, auch das diese Mitarbeiterin dort unter Tarif bezahlt wurde, was sie selber erwirtschaftete war ihr ebenso fremd wie ihre Umsatzpflicht.

Die kennt sie jetzt,.. und steigert sich tagtäglich, hat sogar Freude dabei, ihre Ziele zu erreichen. Das ist nachahmenswert…

Ohne Mitarbeiter kommen Sie als Chef nicht weiter. Und Sie als Mitarbeiter brauchen einen Salon, einen Chef. Es geht nur miteinander. Sie sitzen in einem Boot, Sie wollen sogar das Gleiche, nämlich Geld verdienen!

Die Mitarbeiter um leben zu können, der Unternehmer darüber hinaus um sein Team und die anfallenden Kosten bezahlen zu können. Die Vorstellung darüber was erwirtschaftet werden muss um Löhne zu finanzieren, bzw. darüber welchen Lohn man verdient hätte, sind bei beiden Parteien sehr oft unterschiedlich.

Nur wenn Ihre Mitarbeiterin versteht, warum das 3,5 oder 4fache ihres Bruttolohns zur Kostendeckung notwendig sind, wird sie Verständnis für Ihre Forderung bekommen und sich dementsprechend engagieren.

SIE als Chef entscheiden ob Sie ihre Mitarbeiter aufklären, ins Boot nehmen oder dumm lassen. Aber vergessen Sie nicht: im Wort „entscheiden“ ist „scheiden! “ enthalten, und das tut es dann bei falscher Entscheidung, auch wenn es nur die Geister sind…    

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