Ob in der Arbeitswelt oder in der Freizeit: Virtuelle Begegnungen und Erlebnisse im digitalen Raum sind während der Pandemie zu einem festen Bestandteil unserer Lebenswirklichkeiten geworden. Wir leben zunehmend in einer hybriden Welt, die Offline und Online miteinander verbindet. Daran knüpfen auch aktuelle Salonkonzepte an. Sie reichen von der Online-Präsenz bis hin zu fortschrittlichen Technologien im Salon, die Virtuelles und Reales miteinander verbinden. Dafür sind keine weltbewegenden Innovationen notwendig, sondern einfach die Kombination existierender Technologien zu einem hybriden Gesamtkonzept, das voll auf das Kundenerlebnis abzielt. Wie das gelingen kann, zeigt der folgende Gastbeitrag von Nikbin Rohany.
Am Anfang stehen die Kund:innen
Kund:innenerwartungen verändern sich zwangsläufig durch die digitalen Angebote des Alltags. Seien es Filter aus Social Media Apps, die für Video- oder Fotoaufnahmen live das Aussehen verändern, oder die personalisierten Vorschläge von Produkten bei Online-Shops – sie erzeugen einen Innovationsdruck auf andere Angebote: Menschen erleben Technologien in einem Kontext und erwarten die entsprechende Erfahrung auch in anderen Bereichen.
Beim hybriden Salon geht es weniger um Konkurrenz von Online und Offline, als um eine Symbiose oder auch Verschmelzung, sodass idealerweise eine lückenlose Erfahrung für die Kund:innen entsteht: von der Terminbuchung über den Besuch bis hin zum fortlaufenden Austausch und der Buchung von zukünftigen Besuchen.
Somit kann Digitalisierung als klares Alleinstellungsmerkmal für Salons funktionieren. Die eigentliche Dienstleistung bleibt zwar essentiell. Angereichert mit digitalen Technologien, wird der Friseurbesuch jedoch zu einem einzigartigen Erlebnis, das aus viel mehr besteht als aus Schneiden, Färben und Stylen.
Vorteil Digitalisierung
Gerade die Friseurbranche wurde von Corona unvorbereitet getroffen. In einer aktuellen, repräsentativen Umfrage von Forsa gaben 60 % der befragten Betriebe an, besonders hart von Umsatzeinbußen betroffen gewesen zu sein. Fest steht: Friseur:innen können ihre Kernkompetenz nicht in einen rein digitalen Service auslagern. Trotzdem haben Salons, die bereits vor der Pandemie auf eine moderne Online-Präsenz inklusive Social Media gesetzt haben, Vorteile: Tools wie Online-Shops halfen, Umsatzverluste etwas abzufedern, digitale Terminbuchungen erleichtern die Umsetzung der Hygienevorschriften.
Doch gerade beim Bereich Social Media ist die Performance noch ausbaufähig: In der Umfrage bewerteten Kund:innen Friseurbetriebe hier zu 43 % mit “weniger gut” oder sogar “schlecht”, während zwei Drittel der Betriebe angaben, dass Social Media für sie “wichtig” oder “eher wichtig” sei. Es scheint so, als ob Friseur:innen die Relevanz digitaler Kanäle erkannt haben, doch Wissen und Kompetenz bezüglich dieser in der Breite noch wenig ausgeprägt sind.
Was die Kund:innen wollen
Ein wachsender Anteil der Bevölkerung wird zunehmend nur noch auf digital sichtbare Angebote reagieren. Dabei ist der Wohnort weniger relevant als die spezifischen Erwartungen der Zielgruppen. Sowohl in der Stadt als auch auf dem Land sind die Menschen inzwischen bestens mit digitalen Technologien und Services vertraut. Mag der Konkurrenzdruck jenseits der Städte möglicherweise etwas geringer sein: Die Kundenerwartungen und -bedürfnisse ändern sich durch die Allgegenwärtigkeit des Netzes und seiner mobilen Nutzung überall.
Vorstellbar wäre zukünftig die Kommunikation der Kund:innen mit den Friseur:innen im Vorfeld eines Besuchs per App, für ein erstes Beratungsgespräch. Hier besteht die Möglichkeit, zusätzliche Dienstleistungen anzubieten. Gleichzeitig könnten die Kosten vorab ermittelt werden. Im Hintergrund kann eine Betriebswirtschaftssoftware bei der Preiskalkulation helfen; durch die Erfassung von Einkaufspreisen, Materialverbrauch sowie der Arbeitszeiten. So erhalten die Kund:innen einen transparenten Preis.
Technologien im Salon dagegen können, richtig eingesetzt, sicherlich jede:n ansprechen. Wen reizt nicht, eine Vorschau der künftigen Frisur oder Haarfarbe oder ein digitales Lookbook zur Inspiration zu bekommen? Salons, die hier stark sind, werden sich vor allem in hart umkämpften Lagen von der Konkurrenz abheben können.
Die betriebswirtschaftliche Seite des hybriden Salons
Natürlich entstehen gewisse Kosten für die Einführung und Nutzung digitaler Tools. Software muss aber nicht gekauft, sie lässt sich auch als Software-as-a-Service (SaaS) quasi mieten. Statt einer einmaligen hohen Investition zahlen die Nutzer:innen die Kosten für ein Abonnement. Demgegenüber stehen dauerhafte Einsparungen, durch Effizienzsteigerungen sowie höhere Gewinnmargen.
Hier sei nur das Beispiel der No-Show-Rate erwähnt: Die meisten Menschen versäumen einen Friseurtermin nicht absichtlich, vielmehr geht er häufig im Alltagstrubel unter. Eine automatische Erinnerung kann helfen, Terminausfälle um bis zu 50 % zu reduzieren.
Die Digitalisierung des Salons ist weder schwierig noch teuer. Sie lässt sich Schritt für Schritt angehen. Setzt man das erste Tool erfolgreich ein und sind direkte Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen spürbar, können weitere Schritte folgen. Der Staat hilft dabei: Die Überbrückungshilfe III des Bundes fördert auch die Digitalisierung kleiner Betriebe. Wer sich darüber informieren will, findet auf der Seite der Bundesregierung mehr zu förderfähigen Vorhaben.
Ganzheitlich hybrid
Die Idee des Hybriden lässt sich darüber hinaus noch auf weitere Bereiche, jenseits des Kundenmanagements und der Betriebswirtschaft, anwenden, beispielsweise in der Ausbildung: Viele der heutigen Azubis sind sehr digital-affin, kennen sich mit Social Media gut aus und haben Spaß an der Nutzung neuer Technologien. Ausbildungsbetriebe sollten diese Begeisterung nutzen und die Azubis, wo möglich, mit einbinden.
Das kann in Form von digitalen Lernangeboten geschehen, wie die Nutzung frei verfügbarer Video-Tutorials. Azubis lassen sich auch aktiv in die Pflege des Social-Media-Accounts einbinden oder als können zum Online-Trendscout werden. Das hilft bei der Digitalisierung des Salons, fördert die Kompetenzen der Auszubildenden und stärkt ihr Selbstbewusstsein.
Auch für die Personalgewinnung lässt sich das hybride Modell anwenden. Friseur:innen sollten zum Beispiel noch stärker auf soziale Netzwerke setzen, um in einen Austausch mit potenziellen Mitarbeitenden zu treten. Das erste Gespräch kann durchaus per Video stattfinden. Auch sogenannte One-Klick-Bewerbungen, bei denen mit wenig Aufwand eine Bewerbung eingereicht werden kann, oder das automatische Ausspielen von Stellenanzeigen auf passenden Portalen erleichtern die Personalsuche enorm.
Wie man es dreht: Die Zukunft ist hybrid
Mein Zwischenfazit zur Digitalisierung der Friseurbetriebe lautet: Corona hat die Menschen an digitale Technologien herangeführt und deren Akzeptanz gesteigert. Tools, die den Berufsalltag der Friseur:innen erleichtern und bei betriebswirtschaftlichen Prozessen helfen, werden sich weiter durchsetzen. Andere pandemiebedingte Funktionalitäten wie die Erfassung von Kontaktdaten werden irgendwann verschwinden. Gleichzeitig werden digitale Tools immer stärker einen Wettbewerbsvorteil darstellen, angefangen dabei, ob der Salon leicht online gefunden werden kann, ob Kund:innen mit Salons interagieren und sich über unterschiedliche Plattformen über sie informieren können bis hin zu attraktiven Social-Media-Auftritten.