Die Motivation der Mitarbeiter spielt branchenübergreifend die entscheidende Rolle für den Erfolg von Unternehmen. Die Alfred Herrhausen Gesellschaft für internationalen Dialog veranstaltet jedes Jahr ein Treffen renommierter Wissenschaftler, Manager und Politiker. Die letzte Zusammenkunft stand unter dem Motton ,.Arbeit der Zukunft, Zukunft der Arbeit".
Friseurunternehmer Rene Krombholz stellt die Gedanken vor, die man sich dort zum Thema Unternehmensführung und Mitarbeitermotivation gemacht hat
Es ist kein Geheimnis, daß die heutige Jugend anders denkt als ihre Väter und Großväter. Aber beachten wir diese Tatsache genügend im Umgang mit unseren Mitarbeitern?
So hat die Freizeit heute einen völlig anderen Stellenwert als zu der Zeit, in der die heutigen Chefs noch Mitarbeiter in einem Unternehmen waren. Ein Seminar am Wochenende ohne Freizeitausgleich? Wie motivieren Sie Ihre Angestellten dazu? Daß unsere Kunden das „Erlebnis" Friseur möchten, wissen wir mittlerweile. Das Feeling für die Mitarbeiter wurde dabei lange vergessen. Dabei hängt beides untrennbar zusammen.
Werte morgens nicht abgeben
Unsere Mitarbeiter sind heute immer weniger bereit, ihre persönliche Einstellung und Wertorientierung morgens an der Rezeption abzugeben. Sie verlangen zunehmend, daß die Unternehmenspolitik auch ihre Perspektive berücksichtigt. Junge Menschen suchen und erwarten heute verstärkt Chancen, die eigene Persönlichkeit in ihren Arbeitsplatz einbringen zu können, das bedeutet, daß sie als ganze Person angenommen, ernstgenommen und einbezogen werden wollen. Das bedingt auch eine Neuorientierung bei der Führung und Motivation.
Mitarbeiter motivieren - wie denn?
In seinem neuen Buch „Das Prinzip Selbsverantwortung - Wege zur Motivation" gibt Reinhard K. Sprenger, Berater für Personalentwicklung und Managementtraining, Antworten auf die Frage, wie Mitarbeiter zu selbstverantwortlichem Verhalten geführt werden können. Er unterscheidet drei tragende Säulen, auf denen Selbstverantwortung beruht:
Autonomie (Wählen können):
Mitarbeiter entscheiden sich jeden Morgen aufs Neue, ob sie sich mit dem Betrieb identifizieren oder nicht. Jeden Tag werden Sie als Chef wiedergewählt - oder abgewählt. Junge Leute wollen Arbeitsfreude erleben. Sie wollen sich als Person einbringen. Sie müssen sich aber frei dazu entscheiden können. Sie müssen mitbestimmen können, welche Aufgaben sie übernehmen und akzeptieren und damit auch die Konsequenzen und die Verantwortung. Nur wer wählen darf, wird verantwortlich handeln.
Initiative (Wollen):
Halten Sie sich vor Augen: Das höchste Maß an Loyalität gegenüber einem Unternehmen ist, sich für die Änderung dessen einzusetzen, was einen stört. Das bedeutet natürlich auch, strenge Hierarchien abzubauen. Wir brauchen ein Bewusstsein, das die Eigeninitiative der Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt. Wird Initiative oder Anpassung belohnt?
Kreativität (Antworten):
Wer von seinen Mitarbeitern unternehmerisches Denken fordert, muß großen Wert auf Kommunikation legen. Denn natürlich haben Mitarbeiter eine andere Perspektive als Chefs. Damit beide die Sichtweise des anderen kennenlernen und dessen Ziele auch zu den eigenen machen können, müssen sich beide Seiten verstehen und akzeptieren lernen. Nur auf diese Weise entsteht kreatives Handeln im Sinne des Unternehmens.
Neue Rolle der Arbeitgeber!
Dr. Wolfgang Reitzle, Vorstandsmitglied der BMW AG, sprach von der „neuen Rolle der Arbeitgeber". Sicherlich muß über den autoritären Führungsstil heute kein Wort mehr verloren werden, obwohl man ihn eben in der Praxis tatsächlich noch vorfindet. Auch Prämien und Boni als Motivationshilfen haben längst ausgedient, denn diese Motivationsschübe sind immer kurzfristig. Die Mitarbeiter fühlen sich bald geködert und gekauft.
Umsatzbeteiligung als Anreiz?
Genau betrachtet sind die gängigen Umsatzbeteiligungen eine bedenkliche Sache. Wenn Sie jemanden für 100 % Gehalt einstellen, erwarten Sie dafür 100 % Leistung - mit Recht. Problematisch wird es, wenn Sie bei 100 % Leistung nur 60 % des Gehalts zahlen, die restlichen 40 % erst bei einer überdurchschnittlichen Leistung. Das demotiviert die Mitarbeiter auf Dauer. Einstellungen zum Tarifgehalt sind bei Berufsanfängern in der Friseurbranche fast die Regel. Versprochen wird eine Einkommensverbesserung, wenn der Umsatz irgendwann 3,5 bis 4 mal so hoch ist wie der Lohn. Das bedeutet: Ihr Mitarbeiter soll als Neuling das Kunststück vollbringen, trotz Konjunkturflaute und sinkender Umsatzzahlen ihren Umsatz in die Höhe zu katapultieren. Wie lange soll er an dieses Wunder glauben? Das können in der Regel nur erfahrene Fachkräfte!
Dialogisch führen
Der neue Führungsstil ist Dialogisch, weil ihm ein Denken zu Grunde liegt, das die grundsätzliche Unterschiedlichkeit im Denken und in der Wahrnehmung zweier Menschen anerkennt und zum Ausgangspunkt jeder Kommunikation macht. Es bedeutet, neugierig zu sein, einschließend und zulassend zu denken und zu sprechen. Grundsätzliche Offenheit tritt an die Stelle vorgefasster Meinungen.
Ziele verhandeln!
Wer als Führungskraft glaubt, einfach Ziele vorsetzen zu können und sie nicht mit seinen Mitarbeitern besprechen zu müssen, wird die Konsequenz nicht motivierter Mitarbeiter zu tragen haben. Anstelle der vollen Zustimmung, die die Voraussetzung für motiviertes Verhalten ist, wird auf diese Weise eine Anpassungsleistung erzielt. Was heute gebraucht wird, sind Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter als Partner ernstnehmen und mit ihnen Konsens herbeiführen, die umsetzen, statt durchzusetzen.
Auswahl treffen!
Wir Friseure haben einen beratenden Beruf. Das sollte man sich besonders dann deutlich vor Augen halten, wenn es darum geht, einen neuen Mitarbeiter einzustellen. Keinesfalls genügt es heute, nur nach fachlicher Kompetenz zu bewerten, sondern gerade die Berufsauffassung und Einstellung des Kandidaten sollten Sie kennenlernen.
Fachlich können Sie ihn noch entscheidend schulen, grundsätzliche Einstellungen zum Leben und Arbeiten zu verändern, ist hingegen kaum möglich. Aber gerade wir Friseure stellen immer noch Bewerber ein, die unseren Beruf als letzten Strohhalm vor drohender Arbeitslosigkeit sehen. („Bekomme ich die Stelle bei XY nicht, kann ich ja immer noch Friseuse werden.") Bereits beim Vorstellungsgespräch dialogisch vorgehen, heißt das Mittel, um schon jetzt zu erfahren, ob es sich um einen Mitarbeiter handeln wird, der bereit ist, (Umsatz)Verantwortung zu übernehmen und sich für das Unternehmen einzusetzen.